Samstag, 30. Dezember 2017

Taiwan - Eine Toyota-Reise (Teil 2)

Intime Überlegungen

Dies ist die Fortsetzung der Beschreibung meiner Reise durch den Süden und Osten Taiwans im Januar 2017. Dank eines alten, aber zuverlässigen Toyato Tercel konnten wir viele schöne Orte erreichen und tiefer in die Kultur Taiwans eintauchen.

Im ersten Teil des Berichts stand nach Inselbesuch auf Xiao Liu Qiu (小琉球), wobei der Toyota auf einem gemanageten Sammelparkplatz in Donggang (東港) seine Pause hatte, die Fahrt nach Hualien (花蓮) im Mittelpunkt.

Angenehme Tage in Hualien: Blick über Stadt und Küstenlinie von Hualien (花蓮). Gute Restaurants, eine schöne Campus-Universität im Park für Spaziergänge in der Nähe der Pension, Strandwanderungen im Norden der Stadt mit Blick auf die Seeklippen und das Eisenbahnmuseum im Stadtzentrum „Hualien Railway Culture Park“ (花蓮鐵道文化園區), erfüllten Herz, Geist und Magen.

Nördlichste Station der Reise im Januar 2017 war der Liyu See (鯉魚潭). Irgendwie erinnerte die ganze Szenery an den Titisee im Schwarzwald.

Das hätte ich einfacher haben können, dachte ich mir. Dabei malte ich mir aus, dass Taiwaner im Schwarzwald ähnlich denken, wenn sie die gleiche Szenerie dort sehen.

Denken werden sie es wohl, nur werden sie sich nicht dahingehend äußern, so vermutet der Autor dieser Zeilen. Es wurde Zeit sich im treuen Toyota Tercel wieder nach Kaohsiung zu bewegen.

Zwischenstop am Jia-Lu Fluss, in der Nähe von Jiale (加樂), dem früheren Ureinwohnerdorf Pokurabu. Hier dürfte etwa in der Höhe des Damms im Flussbett der Elektrozaun aus Stacheldraht verlaufen sein, welcher die Ureinwohner Taiwans in Zeiten der japanischen Kolonialherrschaft 1895-1945 einpferchen sollte und dabei als eine von vielen weiteren Maßnahmen der Japaner ihre Freiheit und Autonomie zerstörte.

Diesen Zaun zeigt eine alte amerikanischen Karte von 1944, die auf einer Landvermessung der japanischen Kolonialherrscher auf Taiwan von 1929 basiert. Der Verlauf des Zauns ist im Kartenauszug rot markiert. Der gelbe Punkt markiert meinen Standort und die Brücke.

1930 fand der letzte große Aufstand der austronesischen Ureinwohner Taiwans gegen die japanische Fremdherrschaft statt. Leider war in Jiale keine Zeit mehr, nach irgendwelchen Überresten des Zauns, etwa Betonfundamenten, zu suchen. Die beste Ehefrau von allen drängte.

Zurück in der Zivilisation, sie hat uns wieder - der Blick aus dem „Just Sleep“ Hotel in Kaohsiung.

Von hier aus gab es noch weitere Toyotafahrten mit Aufzug aus der Hoteltiefgarage etwa nach Pingtung zur Landwirtschaftsausstellung, und zu verschiedenen Orten in Tainan.

Mit der Hoffnung auf ein gutes Jahr 2018 mit vielen neuen Erfahrungen, möglichst frei von allen schlechten Nachrichten, wünsche ich den Lesern ein eben solches.

Freitag, 29. Dezember 2017

Taiwan - Eine Toyota-Reise (Teil 1)

Intime Überlegungen

Wie in vergangene Jahrzehnte versetzt, fühlte sich der Autor dieser Zeilen im Januar des Jahres 2017, also vor etwa 12 Monaten. „Da Jie“, die älteste Schwester der besten Ehefrau von allen, erlaubte uns den alten Toyota Turtle, äh Tercel, für den Urlaub in Taiwan zu nutzen. Den hatte ihr meine Frau mit der Übersiedlung nach Deutschland vermacht. 18 Jahre hatte das etwas ausgebleichte, aber stets zuverlässige Automobil schon auf dem Buckel. Doch der Wagen meisterte wieder die schwierigsten Verkehrssituationen auf der Insel und die höchsten Berge. Defensiv ließ er die mörderischten Überholmanöver hormonell überhitzter BMW- und Poschefahrer, schneidende Motorroller beim Rechtsabbiegen und den Psychodruck der Stoßstangen von Fuso-Sattelschleppern auf dem Steigungen auf Taiwans „Provincial Highway 9“ unbeschadet über sich ergehen. Dank einer großartigen Fahrerin.

Erinnerungen kamen da an frühere Jahre in Taiwan auf, so aus dem April 2007, als der Toyata noch relativ neu war.

Das Autor dieser Zeilen dachte während der Reise oftmals an ein Buch über Spanien, das er in jungen Jahr erworben hatte. Mangels Internet zur damaligen Zeit ging der Kauf über die Buchhandlung nur nach dem neugierig machenden Titel im Verzeichnis der lieferbaren Bücher. Statt eines Reiseführers gab es einen kleinen Fotoband mit den aktuellen Volkswagenmodelle Mitte der 1970er Jahre vor schönen spanischen Orts- und Landschaftszenen. Die Titelseite bildet den Scirocco in berbergelber Ausführung ab, ein Wagentyp, mal gedacht als Nachfolger des Karmann Ghia. Der hier Schreibende hatte die große Freude, einen solchen Scirocco als erstes Fahrzeug sein eigen nennen zu können.

Im Baujahr dieses ersten eigenen PKW, dem Jahr 1977, war sein späterer Fahrzeugführer erst 13 Jahre alt. Fünf Jahre später konnte er das sportliche Modell übernehmen. Leider fiel das Baujahr in eine Zeit, wo nach der Legende minderwertige Bleche verarbeitet worden waren, so dass Rost ein ständiger Begleiter war. Bei so mancher Kurve auf der A 43 zwischen Bochum und Witten heute noch das Bild aus den frühen Jahren zurück, als der Scirocco in der Ausführung LS mit eckigen Scheinwerfern und 75 PS bei 175 km/h sein Bestes gab.

Alles Vergangenheit. Die Autos sind größer geworden und langlebiger. Statt billigem Blech gibt es heute Software-Tricks. Automatik und Elektronik haben den Abstand zum Herz der Maschine immens vergrößert, die Verkehrsdichte hat im Ruhrgebiet ins Unerträgliche zugenommen. Freude am Fahren kommt da nicht mehr auf.

In Taiwan war am Ende der Tour festzustellen, dass die Zahl der Stunden auf dem Autositz doch eine sehr große war.

Dabei wären viele Orte direkt mit dem Zug zu erreichen gewesen, vielleicht noch mit einer kurzen Taxifahrt. Für die Bewegung vor Ort sind über viele Pension und Hotels Motorroller oder Fahrräder zu leihen. In manchen der besuchten Orte sind Fahrradverleiher wirklich unglaublich präsent.

Die erste Etappe für von Kaohsiung (高雄) nach Südosten zur Fischer- und Hafenstadt Donggang(東港). Hier ist der Startpunkt für die Fähren nach Xiao Liu Qiu (小琉球), auch Lambay Insel oder „Goude Leeuws Eylandt“ genannt. Im 17. Jahrhundert rotteten die Niederländer die ursprüngliche Inselbevölkerung aus, nachdem diese einen Teil der Mannschaft des Schiffs „Goude Leeuw“ („Goldener Löwe“) verspeist hatte. Heute erinnert noch an dieses schreckliche Ereignis das Restaurant „Goude Leeuw“ in der Inselmitte, dass in der Form eines alten Segelschiff errichtet wurde. Na, dann guten Appetit!

Während der Schiffüberfahrt nach nach Xiao Liu Qiu (小琉球) plaudert im laufenden Fernsehprogramm Bäcker Wendel aus Taipei in seiner Heimat, der Pfalz, über gutes Essen und deutschen Wein.


Mit der gemächlichen deutschen Bäderschiff-Kultur haben die Fähren wenig gemeinsam, auch wenn auf Xiao Liu Qiu (小琉球) der wichtigste Wirtschaftszweig neben dem Fischfang der Tourismus ist. Hier geht es etwas flotter zu, wenn das Schiff durch die Wellenberge schneidet.

Den Blumenvasenfelsen (花瓶石) auf Xiao Liu Qiu (小琉球) muss jeder gesehen und fotografiert haben.

Der ewige Führer schaut gütig auf die Schönheiten und Reize seiner Insel nieder.

Am 5. Dezember 2017 beschloss das gesetzgebende Parlament seiner Republik China auf Taiwan, dass jegliche verherrlichende Erinnerung an seine Diktatur aus dem öffentlichen Raum entfernt werden muss. Sind wohl die Tage seines verwitterten Abbildes in Betonwerkstein auf diesem Podest gezählt? Daneben ist sicher noch Gewichtigeres aus der jüngeren Geschichte Taiwans aufzuarbeiten. Zutiefst menschenverachtendes Handeln gab es nicht nur im 17. Jahrhundert.

Topless in Taiwan. Fernab politischer Verfolgung öffnen sich die Menschen. Kann bei solchen Aussichten der wohlwollende Gesichtsdruck des über allen stehenden, großväterlichen Generalissimus Chiang Kai Sheks (蔣介石) noch als die Diktatur verherrlichend angesehen werden?

Zu schnell mussten wir das subtropische Eiland Xiao Liu Qiu (小琉球) wieder verlassen. Der alte, aber verläßliche Toyota brachte uns ins Paradies der Postmoderne, zum Nationalmuseum für Vorgeschichte in Taidong (臺東).

Architekt dieser Ikone der Postmoderne war der Amerikaner Michael Graves.

Im März 2004 war ich dort gesehen, also etwa anderhalb Jahre nach der Eröffnung des Museums. Jetzt war ich über das Wiedersehen sehr erfreut. Wir wohnten im angegliederten Hotel, was neben Museumsbesuchern wohl auch für Gäste von Kongressen des Museums konzipiert ist. Für jeden Tag des Aufenthaltes gab es eine Eintrittskarte zum Museum. :-)

Außergewöhnliche Felsstrukturen hat der Pazifik mit seinen Wellenschlägen in unendlicher Zeit aus dem Sandstein von Xiaoyeliu (小野柳) herausgewaschen.

Unsere Exkursion im Tercel führte an dem Tag entlang der Ostküste über Doulan bis zur Tungho-Brücke und wieder zurück nach Taidong (臺東).

Eine Toyota-Reise im Januar 2017 - Es ging weiter nach Norden.

Bei Chihshang (池上) gab es einen Stopp an der „Mr. Brown Avenue“. Eigentlich ist die „Avenue“ ein eher landwirtschaftlicher Weg, der einige Siedlungen mit der Hauptstraße im Huatung-Tal, den östliche Grabental („East Rift Valley“) Taiwans von Taitung bis Hualien, verbindet.

Weil der lange Weg zu allen Seiten noch recht unverbaut ist, sich vor der Ernte die grünen Reishalme schön auf den großen Feldern im Wind bewegen, das Zentralgebirge einen ansehnlichen Hintergrund liefert und nur wenig Verkehr herrscht, wurde die seltene Idylle in Taiwan Drehort verschiener bekannter Werbespots, so für den pfandfreien Dosenkaffee „Mr Brown“.

Am Ende hat dies der Gegend nochmal einen kräftigen Schub für den Fremdenverkehr gebracht, „Mr. Brown“ bestimmt mehr Umsatz und dem rohstoffreichen ….errr ...-armen Taiwan mehr Recyclingmaterial.

Noch kein Recyclingmaterial ist dieser Tercel …. er läuft und läuft.

Die nächsten Übernachtungen gab es in der schon lange stillgelegten Hualien Zuckerfabrik in Guangfu. Die ehemaligen Wohnquartiere für die Beschäftigten des geschlossenen Werkes sind mit Respekt vor der Geschichte und unter Beachtung des Denkmalschutzes zu einer schönen Feriensiedlung geworden.

Auch der japanische Wohnstil wurde konsequent bis zu Rückenschmerzen für den europäischen Seitenschläfer und einer ungenügenden Gebäudeheizung, so wie es im durchaus wintergewohnten Japan üblich ist beihalten. Dafür gab es dann aber auch den Holzbottich fürs heiße Bad.

Als Abstecher vom direkten Weg nach Hualien besuchten wir die ehemalige Holzfällersiedlung Lintienshan (林田山).

Bei meinem ersten Besuch 2001 hatte die Siedlung noch viel von ursprünglichen Charme. An den alten Holzgebäuden und den Resten der Waldbahn nagte ein bissiger Zahn der Zeit. Authentisch waren die Beschäftigten und Bewohner des Orts. Es schien, dass nur wengige Reisende den Platz kannten.

Nach einen großen Brand kurze Zeit nach meinem Besuch, der fast die gesamte Siedlung zerstörte, erfolgte ein Wiederaufbau. Heute ist Lintienshan der perfekte Touristenort, ein Freilichtmuseum zur Entspannung am Rande steiler Waldberge, an einer für den normalen Touri aber nicht passierbaren Pforte zu einer wilden Natur mit risikobehafteten Herausforderungen und etlichen Gefahren, so durch fehlende Erreichbarkeit im Notfall, geologisch instabile Bereiche mit Erdrutschen und Steinschlag, mangelnder Absturzsicherung an steilen Hängen, Tieren, die mit ihren Giften die Leib oder Leben schaden können.

Nichts von dem hat die Dong Hua Universität in Hualien. Sicheres Gebiet beim Blick vom Balkon des Gästehaus in der Nähe des Universitätsgeländes. Unsere Gastgeber hatten sich ihren Lebenstraum erfüllt und ein kleines Paradies geschaffen, dass sie jetzt mit ihren Gästen teilen können.

Waidade Taiwan (偉大的台灣)!

Samstag, 31. Dezember 2016

Nazi-Staat Taiwan?

Willkommen im Neuen Jahr 2017

2016 war ein Jahr interessanter Veränderungen. Der Lebensmittelpunkt des Verfassers dieser Zeilen hat sich räumlich sehr verschoben. Das Geld für Brötchen, die nächste Reise nach Taiwan und China-Öl kommen jetzt von einem anderen Arbeitgeber. Nach einem Jahr ist hier beruflich eine umfassend positive Bilanz zu ziehen. Die größere Distanz zur asiatischen Kultur und zur taiwanischen-rheinischen Gemeinschaft um Düsseldorf wird kompensiert durch andere Vorzüge des neuen Lebensraums. Mehr Entspannung und Ausgeglichenheit, mehr Fläche und Landschaft stehen hier den fertig gebauten Städten des Rheinlandes, der Gier und dem ungehemmten Profitstreben im räumlich wie sozial ausgebeuteten Ballungsraum gegenüber. Klar, alles geht gesellschaftlich in die gleiche Richtung. Es gibt hier kein anderes sozial, wirtschaftliches und politisches System. Aber das Niveau ist immer noch ein anderes. Es gibt noch genug zum Kaputtmachen.

So wie sich die Welt Luo Yous privat verändert hat, so sind auch global mehr oder weniger überraschende Entwicklungen zu vermerken.

Tsai Ing-wen (蔡英文) wurde am 16. Januar 2016 zur Präsidentin der Republik China gewählt. Damit wurde die KMT auf Taiwan, die sich stärker der Volksrepublik China geöffnet hat, in der Regierung abgelöst. Die Insel wird wieder von der DPP, der demokratischen Fortschrittspartei, regiert, die mehr auf die Unabhängigkeit Taiwans bedacht ist.

Anerkennung hat ihre Regierung zuletzt nicht nur durch den für viele überraschend später in 2016 zum US-Präsidenten gewählten Donald Trump erfahren. Mit dem durfte Tsai Ing-wen, die Präsidentin Taiwans, nämlich telefonieren und dies wurde auch noch öffentlich verlautbart.

Seitdem hört die deutsche System- und durchaus an verschiedenen Stellen gerechtfertigt zu bezeichnend Lügenpresse nicht auf, im Sinne der offiziellen deutschen Ein-China-Politik, wohl von der Volksrepublik China gefordert und von den USA in früheren Jahren für die Vasallenstaaten vorgegeben, in die Köpfe einzuhämmern, dass Taiwan eine abtrünnige Insel der Volksrepublik China ist.

Zum Beispiel in der „ZEIT“: „Seit Ende des Bürgerkrieges in China 1949 ist Taiwan ein Konfliktherd in Asien. Damals flüchteten die Truppen der chinesischen Kuomintang auf die Insel, die heute offiziell Republik China heißt und sich als eigenständig funktionierende Demokratie sieht.“

Nein, in gleicher Monotonie ist zu wiederholen: die Volksrepublik China allein ist der Konfliktherd in der Region, seitdem die Republik China auf Taiwan das Ziel aufgegeben hat, das Festland zurück zu erobern. Taiwan sieht sich nicht als funktionierende Demokratie. Sie ist es. Insbesondere beim Vergleich zu verschiedenen anderen Ländern, wo die Autokratie wieder Einzug hält, etwa der Türkei oder Russland. In Taiwan wechseln die Regierungen wie auch in den USA.

Die Insel heißt natürlich offiziell Taiwan. Sie befindet sich in der Republik China, zu deren Herrschaftsbereich auch noch andere kleinere Gebiete und Inselchen gehören, die nicht von den Kommunisten besetzt werden konnten. Die Republik China wurde 1911 gegründet und ist damit deutlich älter als die Volksrepublik China. Nach dem Sieg über die Japaner im 2. Weltkrieg wurde nach 1945 an die Republik China gegeben. Es ist dann wohl eher das chinesische Festland, was abtrünnig wurde. Letztendlich war es der Wandel in der Politik Nixons, der die Republik China auf Taiwan so in die internationale Isolation geführt hat. Da fragt sich der Betrachter, ob die USA zu Nixons Zeiten gegenüber der Volksrepublik China nicht auch ein Modell, vergleichbar dem deutschen mit DDR und Bundesrepublik, hätte durchsetzen können. So fänden 22 Millionen Menschen auf Taiwan wenigstens in den internationalen Gremien, wie der UNO, eine angemessene Vertretung.

Jedenfalls sind die Staaten trotz Ein-China-Politik und fehlender diplomatischer Beziehungen wieder alle da und fokussieren auf Taiwan, wenn sich Länder in ihren Belangen beeinträchtigt fühlen. So hat eine Parade als Nazi verkleideter Schüler, Israel und Deutschland aufgerufen in Taiwan zu protestieren. Ich habe gar nicht gewusst, dass es überhaupt Israelis in Taiwan gibt, sagt dazu die beste Ehefrau von allen.

Immer noch wird das alleinige Recht zur Auslegung der Welt und Wahrheitsfindung vom Westen reklamiert. Merkt denn dort niemand, dass es in Asien höchst peripher interessiert, wann und wie ein Massenmörder auf der anderen Seite der Welt Millionen umgebracht hat. Über die eigene Ignoranz regt sich im Westen aber niemand auf. Wen interessiert hier das Schicksal der Millionen Opfer von Maos „Sprung nach vorne“ oder die Bedrohung vieler Minderheiten im asiatischen Raum?

„Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?“ Diesen Lehrsatz aus der Bibel hat offenbar die westlich-christliche Leitkultur für sich ausgeblendet. Wie lange muss Deutschland noch diese peinlichen Nazi-Märsche und ekligen, sogenannten „Heldengedenken“ ertragen? Ich will nicht, dass diese Clowns die Leiden meiner Großelterngeneration, verursacht durch ihren Looser Adolf Hitler, für ihre Zwecke verdrehen und verhöhnen.

Aber in Taiwan, das gar nicht von Deutschland als Staat anerkannt wird, gegen einen läppischen Schülerunfug im Minirock zu protestieren, das schaffen noch unsere Regierungsstellen. Wie armselig!

Übrigens hatte sich kürzlich auch Klaus Bardenhagen in einem bemerkenswerten Artikel seines Blogs mit der Sprache der deutschen Presse über Taiwan befasst.

Apropos Blogger-Welt: ein großer Verlust! Fu Ludigel hat Taiwan verlassen und sich dem Duterte-Regime auf den Philippinen angeschlossen. Dieser Wechsel ist ein sehr bedauerlicher Verlust für den deutschen Blick aus Taiwan. Ein besonderer Dank an ihn für die vielen Jahre unverfälschter Information und aktueller Eindrücke von der Insel durch die oliginal deutsche Brille.

Screenhot vom taiwanischen Fernsehen CTI via Internet heute. Nächsten Monat geht es nach Formosa zum Verwandtschaftsbesuch und zum Urlaub. Ziel wird unter anderem Liuqiu auf der Lambai-Insel südlich von Donggang, zugehörig zum Landkreis Pingtung, sein.

Trotz der persönlich guten Situation und des nahen Urlaubs bleibt der Blick in das Jahr 2017 eher kritisch.

Mittwoch, 30. September 2015

Was dann?

Intime Überlegungen

Er begegnet einem immer noch in Taiwan, der Taifun sowieso, aber auch dieser kulturelle Abgrund. Aufnahme aus dem Jahr 2013.

Was dann, wenn nicht in den Pott?

Ihr könnt es trotzdem tun. Es passiert nichts, nichts geht kaputt oder wird verstopft. Mehr in die Details gibt es vielleicht im nächsten Monat.

Alles Gute für die beste Ehefrau von allen, Familie und Freunde, sämtliche Leserinnen und Leser taifungeplagte Taiwan!

Montag, 31. August 2015

Auffällig unauffällig

Bauarbeiterinnen in Taiwan

Bisher dachte ich, es wäre nur mir aufgefallen. Jetzt merkte es auch die beste Ehefrau von allen an. Es gibt eigentlich keine Bauarbeiterinnen in Deutschland. Erstaunlich und fremdartig für die Taiwanerin! Oder aus der Perspektive des deutschen Verfassers dieser Zeilen: In Taiwan sind Bauarbeiterinnen etwas so selbstverständliches, dass sie – bis auf dem beobachtenden Ausländer – niemanden auffallen.

Ausgetauscht haben wir uns über diese Erfahrung bei einem Bericht über die vielen Baustellen an Autobahnen und Fernstraßen in Nordrhein-Westfalen. Über Jahrzehnte wurde der notwendige Unterhalt im gebotenen Umfang unterlassen, damit (seit langem pensionierte oder bereits verstorbene) Politiker Geld für Prestigeprojekte und öffentlichkeitswirksame Neubauten ausgeben konnten. Dank der Rekordgewinne bei den Unternehmen und einer Steuerschwemme, für die nicht nur die Griechen sondern auch wir in diesem Land länger und für weniger Geld arbeiten dürfen, steht jetzt überreich Kapital zur Verfügung. An allen Ecken entstehen heute neue Baustellen, finanziert mit Bundesmitteln oder hoch gefördert als Landes- und Gemeindevorhaben. Da weiß der tägliche Berufspendler bald nicht mehr, wie er den ganzen Verkehrseinschränkungen entgehen soll.

Unter vielen Männern vom Landesstraßenbetrieb erschien in dem Bericht auch eine Frau. Nein, erklärte ich, dass ist keine Arbeiterin, sondern die Mitarbeiterin wird eine Verwaltungsangestellte sein, vielleicht eine Ingenieurin oder Technikerin in Gummistiefeln und Arbeitskleidung.

Im Dezember 2013 vervollständigt diese fleißige Arbeiterin den monumentalen neuen Bauabschnitt des Fo Guang Shan Klosters in Kaohsiung.

Wirkliche Emanzipation gibt es nicht, so hieß es im gestrigen Fernsehbeitrag über Femen, bevor die Damen ihre Brüste entblößten und gegen das Übel dieser Welt protestierten. Stimmt! Emanzipation gibt es nicht. Sicher hat auch das taiwanische Modell seine Nachteile: Wird das gleiche Einkommen gezahlt und besteht die gleiche soziale Absicherung zwischen den Geschlechtern? Auf jeden Fall ist es spannend, wie unterschiedlich sich die Kulturen ausgeprägt haben, was wir für selbstverständlich halten und sich traditionell verfestigt hat. Es geht eben nicht nur um Quoten bei den Positionen der Top-Manager.

Samstag, 1. August 2015

Willkommenskultur

Deutschland so beliebt!

Herzlich Willkommen in Deutschland! Schloss Neuschwanstein grüßt!

Wir befinden uns im Jahr 2015 n. Chr. Ganz Deutschland ist von einer Willkommenskultur besetzt. … Ganz Deutschland? Nein! Ein von unbeugsamen Bürokraten bevölkertes Institut hört nicht auf, der Idee Widerstand zu leisten.

Nun ja, die Idee der Willkommenskultur wurde primär vom Innenministerium propagiert, um die nötige Zuwanderung für Arbeitsmarkt und Rentenkasse zu fördern und für Verständnis zu sorgen, dass Deutschland und die Deutschen nicht alleine auf der Welt sind. Ob das auswärtige Amt auch dahinter steht, erscheint fraglich, wenn der Autor dieser Zeilen Berichte aus Taiwan hört, wie schwierig es ist, in angemessener Zeit ein Visum zu erhalten.

Den Umgang mit dem deutschen (Nicht-) Botschaft in Taiwan habe ich auch stets als schwierig empfunden. Das Lied „Mein kleiner grüner Kaktus“, von den Comedian Harmonists in Zeiten des Nationalsozialismus herausgebracht, was damals als Warteschleife am Telefon eingespielt wurde, entwickelte sich zum Haßlied.

Die deutsche (Nicht-) Botschaft in Taipei hat bis Ende August 2015 die telefonischen Sprechstunden am Freitag ausgesetzt, um der Bearbeitung der vielen Langzeitvisaanträge besser nachzukommen.

Damit gibt es nur noch die Möglichkeit zur Vorsprache in Visaangelegenheiten mit einem vereinbarten Termin über ein Online-Vergabesystem.

Vor einigen Tagen habe ich das mal getestet. Ergebnis meines kleinen Tests war nach einigen Klicks:

504 Gateway Time-out

The server didn't respond in time.

Vorgestern ging es besser.

Hmm, wie war das noch mit der Barrierefreiheit im Internet und den deutschen Rechtsgrundlagen?

Immerhin kam ich bis zu den Terminen durch. Im August gab es kein Terminangebot.

Im Dezember 2015 habe ich aufgehört weiter zu klicken.

Da werden junge Taiwaner, die in Deutschland studieren wollen, herausgefordert und lernen gleich, warum der „Hauptmann von Köpenick“ im ihrem Zielland so populär wurde. Ohne Zulassung einer deutschen Universität kein Visum, nach Erhalt der Universitätszulassung kaum Chance zeitnah einen Termin für das Langzeitvisum zu bekommen, ohne Visum kein Studium zum angestrebten Zeitpunkt in Deutschland.

So hat sich denn quasi ein „Schwarzmarkt“, eine Austauschbörse im Netz, für Termine beim deutschen Institut entwickelt. Liegt es am billigen Euro und an der florierenden Wirtschaft, dass dieses Land so beliebt ist? Wirtschaftfördernd greift das auswärtige Amt noch ein, indem es schneller Visa für Sprachstudien erteilt, die dann in Deutschland in Studentenvisa umgewandelt werden können. Gewöhnlich kann keine Änderung des Visa-Zwecks und damit des Visums in Deutschland vorgenommen werden. Welche Sprachschul-Lobby hat sich denn da durchgesetzt?

Deutschland lockt mit Super-Attraktionen, doch es wird unseren Gästen nicht leicht gemacht.

Die Marienbrücke, Standort für das vorhergehende Foto, wird ab dem 3. August 2015 für voraussichtlich etwa vier Monate gesperrt. Einer der besten Fotostandpunkte mit Schloß Neuschwanstein geht damit erst einmal verloren. Ein Schock für die Touristenwelt!

Richtig ist sicherlich, die Zahl der Besucher auf das Brücke durch ein Drehkreuz oder ähnliches zu begrenzen, wie es jetzt beabsichtigt wird. Mich erstaunte, wieviele Menschen die Brücke aushält. Die Holzbohlen bogen sich allerdings schon unter den Füßen.

Leider sind einige der Mitbesucher rempelnde Hooligans, wozu auch Damen aus Fernost zählen. Also hieß es, geschickt einen gute Positon auf der Brücke zu erreichen, einen festen Standort einzunehmen und zu verteidigen, zu knipsen und dann wieder schnell von der belasteten Brücke flüchten.

Bei den letzten Besuchen vor etlichen Jahren hatte ich niemals eine solche Situation erlebt. Während dieses touristische Interesse von reichen Nord- und Südamerikanern, Asiaten, Australiern, Malayen und Indonesiern, Osteuropäern und Russen Deutschland schmeichelt, wird eine andere Zuwanderung kritisch gesehen. So hat die deutsche Botschaft in Tirana Anzeigen in albanischen Zeitungen geschaltet, die vor der Armutsflucht warnen. Das wirkt sehr hilflos. Vermutlich führt kein Weg an einem vereinten Europa vorbei, dass einen gemeinsamen Haushalt mit einem Länderfinanzausgleich hat, eine gemeinsame Sozial- und Wirtschaftspolitik verfolgt, für gleichwertige Lebensverhältnisse und gleiche Rechte sorgt. Wenn es schon in Europa nicht gelingt, in allen Ländern ein verantwortliches politisches Management zu installieren, was den Menschen dient, wie sollen dann erst lebenswürdige Zustände in Afrika oder im nahen Osten hergestellt werden?

Das die beste Ehefrau von allen angesichts der zunehmenden Zahl von Flüchtlichen erwägt, mit Pegida zu sympathisieren, stellt sicherlich keine Lösung dar. Gerade die Flüchtlinge aus der Fremde sind am wenigsten an ihrem Schicksal und ihrer Verzweifelung schuld.

Donnerstag, 30. Juli 2015

Vergangene 116 Jahre - Auf Stöpels Spuren

und von Mudan (牡丹) bis Wushe (霧社)

Um noch einmal auf Karl Theodor Stöpels These zurück zu kommen: Es ist wirklich sehr erstaunlich, dass die Japaner, die vor 1898 den Yu Shan (玉山) bestiegen, den höchsten Gipfel verpasst haben.

Anfahrt von Norden in Richtung Yu Shan – Es gehört zu den seltenen Momenten, alle Gipfel des höchsten Berges Taiwans gleichzeitig sehen zu können.

Dennoch erscheint es merkwürdig, dass die Japaner nicht bei der Erstvermessung 1895 / 1896 auf den Gipfel mit den meisten Höhenmetern gestoßen sind. Entweder rasten sie mit Hochgeschwindigkeit über die Insel, um ihre Arbeit schnell abzuschließen oder es war ihnen ziemlich gleichgültig, alle Spitzen des Yu Shan zu betreten, nachdem sie den kalten, windigen und ungemütlichen Berg erklommen hatten. Wichtig dürfte gewesen sein, mit dem Yu Shan oder damals auf japanischen dem Niitakayama einen Berg im japanischen Herrschaftsbereich gefunden zu haben, der höher als der geheiligte Fujiyama ist.

Auch Karl Theodor Stöpel hatte 1898 das Tal im obersten Bild passiert, um zum Dorf Horsia, heute Hé shè (和社), zu kommen, wo er sich vor der Besteigung des Yu Shan aufhielt.

Damals sah es in Stöpels Tombo, also Tong-Pu oder Dōng bù (東埔), oberhalb von Horsia so aus. Eine primitive Brücke überspannt den Tombofluss, womit der Shālǐ Xiān Xī (沙里仙溪) gemeint sein dürfte.

In der selben Gegend war der Verfasser dieser Zeilen 116 Jahre später. Statt einer einfachen Konstruktion aus Baumstämmen war eine lange Hängebrücke mit Stahlseilen das Fotomotiv.

Wir haben uns gefragt, wie erstaunt Stöpel und seine Begleiter wären, wenn sie den gleichen Weg heute noch einmal nehmen könnten. Statt tagelang zu Fuß, getragen in Sänften oder geschoben auf Feldbahnwagen brächte der moderne japanische Leihwagen sie in wenigen Minuten zum Zielort. Um sicher zu reisen, bräuchte weder eines Mauser-Gewehrs in der Hand noch bewaffneter Soldaten als Begleiter. Kein Sino-Taiwaner kommt heute auf die Idee, sich im Guerillakampf gegen die Regierung aufzulehnen. Kein Ureinwohnerstamm steht in einer kriegerischen Fehde mit seinen Nachbarn und will ihnen die Köpfe abschneiden.

Heute windet sich eine moderne Schnellstraße aus Beton und Asphalt durch das weite Flußtal. Nur der Verkehr birgt eigentlich tödliche Risiken auf dem Eiland. In jedem Dorf lädt ein „7-Eleven“ oder „Family Mart“ zur Rast ein. Das Smartphone hat auf der gesamten Strecke besten Empfang und an den Hot Spots sind über Skype die Freunde aus Deutschland zu sehen. Trotz alledem sind die Menschen auf Taiwan neugierig geblieben, wenn ein europäisches Gesicht auftaucht.

Das hätte sich gewiß Stöpel so in den tiefsten Träumen nicht vorstellen können.!

Die radikalsten kulturellen Veränderungen erlebten sicherlich die Ureinwohner Taiwans. Sie verloren mit der japanischen Kolonisierung Taiwans völlig ihre Unabhängigkeit und Autonomie, endeten als benachteiligte Minderheit am Rand der Gesellschaft. Taiwan, heute demokratisiert und an der eigenen Identität arbeitend, verfolgt einen neuen Weg der Chancengleicheit und versucht – zwar mit chinesisch-taiwanischer Perspektive - die Restkultur der Ureinwohner anzuerkennen.

Die Bucht von Jiupeng (九棚) – Am 18. Oktober 1871 strandeten hier 66 Schiffbrüchige, die von Okinawa kamen.

Der große Wandel für die Ureinwohner begann, nachdem 54 der Schiffbrüchigen im südtaiwanischen Mudan (牡丹) 1871 umgebracht wurden. Japan forderte von China Wiedergutmachung. Dafür. Doch das kaiserliche China lehnte dies ab, da die Ureinwohner Taiwans außerhalb der chinesischen Gesetzgebung standen. So entschloss sich Japan zu einer Strafexpedition gegen die Ureinwohner vom Stamm der Paiwan,. Damit wurden auch außen- und innenpolitische Ziele Japans verfolgt wurden, etwa in einer Stärkung seiner Position gegenüber China. Bei den Kämpfen am Steintor kamen 30 Stammeskrieger und 6 Japaner ums Leben. 512 Japaner sollen zudem durch Erkrankungen während der Expedition und Besetzung ihr Leben verloren haben.

Auch noch zu Zeiten Stöpels, etwa 15 Jahre später, war offenbar Taiwan noch eine Malariahölle und von Krankheiten geplagt. Kein Wunder, dass die Evolution meine Frau so unappetitlich für Moskito gemacht hat. Nur die deutschen Zecken und Bremsen behalten den Bluthungerbei ihr.

Austragungsort der Schlacht am Steintor bei Mudan - Heute ist das Gebiet malariafrei. Kein Mückenstich war auf meiner sensiblen Haut. Im Gedenken an die Schlacht haben die Japaner ein Denkmal errichtet.

Aufgrund der strategisch bedeutsamen Lage gab es bis vor einigen Jahren in der dahinter liegenden Schlucht einen Militärposten. Nach der Aufgabe der militärischen Nutzung wurde eine kleine Ausstellung eingerichtet, in der über die Hintergründe und Details der damaligen Vorfälle berichtet wird.

Ein kleines Bergdorf in malerischer Lage - Dabei markierte Wushe (霧社) den vorläufigen Abschluss der Entwicklung für die Ureinwohner Taiwans als entrechtete Bevölkerungsgruppe.

Hunderte von Menschen kamen bei den kämpferischen Auseinandersetzungen zwischen Japanern und Ureinwohnern im Jahr 1930 dort ums Leben. Um den in Guerillataktik geführten Aufstand, niederzuwerfen, setzten die Japaner Giftgas ein und spielten die Stämme brutal gegeneinander aus. Das einem Völkermord gleichstehende Vorgehen wurde kritisiert und führt schließlich zur Änderung der Kolonialpolitik gegenüber den Ureinwohnern. Danach wurden sie stärker als Staatsangehörige betrachtet. Auf sie wurde kulturell wie sozial, etwa durch den Bau von Schulen, stark Einfluß genommen. In vielen Lebensbereichen verloren die Bergstämme ihre alten Traditionen und ihre Eigenständigkeit.

In Wushe erinnert der „Memorial Park“ an die damaligen Ereignisse. Ansonsten entspricht der verkehrsreiche Ort dem üblichen Siedlungsbild in Taiwans Bergen.

In 2011 verfilmte Regisseur Wei Te-Sheng (魏德聖), vor kurzem zu Besuch in Düsseldorf, mit „Seediq Bale“ glorios die Geschichte.