Montag, 18. Juni 2012

"Babbelzai" oder Banzai in Taiwan

Mehr als eine halbe Millionen Klicks bei Youtube hat bis heute eine Fastfood-Kette in Deutschland mit drei Werbespots für die von ihr angebotenen Variationen des Perlenmilchtee oder „Bubble Teas“ erreicht. Dazu kommt ein Echo von etwa 800 Kommentaren und Artikeln in verschiedenen Sprachen, die die Reklame oder das Getränk zu bewerten. Hat es einen Bezug zu Taiwan, dem Ursprungsland des Perlenmilchtees? Ist die Werbung vielleicht sogar rassistisch oder einfach nur blöd? Auf jeden Fall hat sie ihr Ziel erreicht, das neue Produkt eines internationalen Konzerns bekannter zu machen.

Seismische Ausschläge an der Toilette des taiwanischen Erdbebenmuseums. Frauen folgen dem roten Dreick mit Punkt, Männer dem blauen Rechteck. Fragen erübrigen sich. Aber was verbindet den Bubble Tea in Deutschland, die japanische Kolonialzeit der Pazifikinsel und das WC am Busparkplatz?

Luo You fällt zur reißerischen Anpreisung des "Bubble Teas" nur der japanischen Hoch- und Freudenruf „Banzai“ ein, auf den die Werbung mit dem Ausruf „Babbelzai“ Bezug nimmt.

1895 gab das Kaiserreich China Taiwan auf und überließ die Insel Japan als Kolonie. Die Herrschaft über Taiwan endete mit der Niederlage Japans im 2. Weltkrieg 1945. Das dreifache „Banzai, Banzai, Banzai“ war in dem Zeitraum bei offiziellen Anlässen sicher häufig zu hören.

Dabei haben im meistgesprochenen Dialekt der Insel, dem Taiwanischen, die zwei Silben „Ban Zai“ eine eigene Bedeutung.

Im einem Hardware-Forum aus Singapur, wo fast der gleiche Dialekt wie in Taiwan gesprochen wird, war folgendes aufzuschnappen. Zur Frage: „How many has neighbours who are smokers?“ als Antwort: „Yeah, sometime I can smell the smoke in my master room window, came from toilet below my floor idiot smoke in the toilet while ban-zai.“

Auch ohne korrekte Regeln zur Tanskription des Gesprochenen in lateinische Buchstaben, ohne chinesische Schriftzeichen, die kein taiwanisches Ban-Zai kennen, und ohne Taiwanisch in der Google-Übersetzungssoftware oder bei LEO wird die Bedeutung gewiss aus dem Zusammenhang erkennbar.

Das vermutlich schönste Klohäuschen auf Taiwan ist am Sonne-Mond-See zu bewundern. Anmutig mediterran wird das Abort im toskanischen Landhausstil von einem profanen Ort der Befriedung elementarer Bedürfnisse zum begehrten Fotoobjekt.

Was für Gedanken Untertanen beim Anblick der "Banzai" jubelnden Kolonialherren hatten oder ihnen beim verordneten Mitjubeln kamen, sollte selbstredend klar sein.

3 Kommentare:

  1. Taiwanesisch (oder Hokkien) "bang-sai" heißt "fallen lassen-kacke" und kommt nicht aus dem Japanischen, so meine Frau. Es klingt nur wie Japanisch "ban-zai".

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  2. Genau! Das ist die Auflösung. Deshalb sind hier auch die schönen Klohäuschen mit westlicher und/oder flacher asiatischer Ausstattung zum Fallenlassen. Anders ist das zum Teil in China. Hinter einer modernen Designfassade gibt es schon mal blanke Erde mit Mauer ohne Beleuchtung.

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  3. Vereinfachtes Denken eines westlichen Simplizissimus, sagt meine Frau. Und sie hat recht. Denn die Feinheiten der Aussprache, die Unterschiede zwischen dem japanischen "Banzai" - http://translate.google.co.jp/?hl=de&cp=3&gs_id=17&xhr=t&q=google&bav=on.2,or.r_gc.r_pw.r_qf.&biw=1400&bih=942&um=1&ie=UTF-8&sa=N&tab=wT#ja/de/%E4%B8%87%E6%AD%B3 - und dem taiwanischen "Banzai" widerlegen die Schlussfolgerung des Luo You schlichtweg als falsch. Der Gedanke war aber trotzdem spannend - oder auch nicht?

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