Sonntag, 28. Dezember 2014

Rückblick zum Jahresende – Taiwan 2002 und 2014

Meine zweite Reise nach Taiwan 2002

Im Jahr 2002 starte ich zum zweiten Mal zu der bezaubernden subtropischen Insel zwischen Pazifik und Formosastraße. Auf der Reisestrecke lagen nach dem - damals noch – Chiang-Kai-Shek-Flughafen Kaohsiung insbeswondere mit dem buddhistischen Zentrum Fo Guan Shan, die Stadt Meinung mit ihrem Hakka-Museum, Kenting mit der Jugendherberge im chinesischen Stil unterhalb des Froschfelsens sowie dem später durch einen Film sehr populären Chateau-Hotel, dann das Gebiet von Alishan mit der Jugendherberge in Erwanping, der Berggegend um Tatajia, der Bahnhof von Fenqihu. Der Abschluss dieser Reise führte mich nach Taipei. In Erinnerung geblieben sind die Schwefelquellen am Yangminshan und die damals zum Restaurant adaptierte frühere amerikanische Botschaft.

Erst von Kaohsiung in den nahen Osten, nämlich das Gebiet um Meinung, in dem die Volksgruppe der Hakka lebt, dann in den Süden ins Urlaubsgebiet um Kenting. Dann folgte die Route nach Norden in die Berge von Alishan und anschließend nach Taipei in die Hauptstadt.

Vor 12 Jahren fehlte dem Kloster Fo Guan Shan noch das Monumentale.

Aber damals wie heute straht die alte Haupthalle des buddistischen Klosters Spiritualität und Erhabenheit aus.

Die Reise war übrigens meine erste Begenung mit Kenting, dem Urlaubsgebeit im Süden Taiwans. Sehnsüchtig blickte 2002 in Eluanbi an der Südspitze der Insel der Generalissimo Chiang Kai-Shek als Statue in Richtung des chinesischen Festland und träumte noch von dessen kriegerischer Rückeroberung der verlorenen Gebiete, die wieder Millionen Menschen unendliches Leid gebracht hätte.

Heute sind viele der Statuen im Cihu-Skulpturen-Park vom Daxi versammelt. Prominente Plätze wurden nicht wegen der – etwa wie hier in Eluanbi - fotografierenden chinesischen Touristen freigemacht, sondern weil während der Regierungszeit der DPP diese Huldigung des ehemaligen Diktators unpassend in der sich fortschreitend demokratisierencen Gesellschaft Taiwans empfunden wurde. Übrigens waren damals trotz der heute fehlenden Statuen viele Plätze und Orte mit Interesse für ausländische Besucher signifikant leerer. Ob ich irgendwann einmal die silberne Ehrennadel der Gemeinde Kenting für den 25. Urlaubsaufenhalt dort bekommen werde?

Eigentlich ein Muss für den Taiwan-Touristen: Die Waldeisenbahn von Alishan. Nach 2002 gingen verschiedene Taifune, subtropische Regenschauer und Erdrutsche über die schmalspurige Gebirgsbahn nieder.

Deshalb fährt seit Jahren kein Zug mehr auf dem Hauptabschnitt der Bahn. Obwohl einige wichtige Brücken und aufwändige Bauten für die Strecke wieder errichtet wurden, deutet die Baustellenatmosphäre insgesamt darauf hin, dass der betriebslose Zustand noch einige Zeit andauern wird.

Der Bahnhof von Erwanping. Nett waren die Abende mit Herrn Bahnhofsvorsteher Shr in seinem kleinen Stationshaus bei Heineken-Bier und Suntori-Whiskey.

Zwar ist das Bahnhofsgebäude mit einer Holzverkleidung, doch dürfte der Vorsteher längst in Pension sein oder wurde ins Flachland vor der Endstation in Chiayi versetzt. Augenscheinlich waren zwei Drittel des Bahnhofsgeländes den Steilhand hinab gerutscht. Hergestellt ist das Areal wieder, nur fehlen noch neben einem vorhandenen Bauzuggleis die Gleise für die Personenzüge.

Ehehölle Yangminshan – Bei Schwefeldämpfen halten sich die Brautjungfern die Nase zu. Luo You hat zu dem Zeitpunkt kaum erwartet nur wenige Jahre später in gleicher Weise für posen. Zumindest waren für die Fotos die Hintergründe himmlischer und weniger höllisch.

Für das Jahr 2015 bin ich sehr gespannt, wohin sich Taiwan weiter entwickeln wird. Auf den Jahreswechsel in Kaohsiung freut sich Luo You jedenfalls schon. Allen Lesern und Freunden wünsche ich herzlichst alles Gute!

Sonntag, 21. Dezember 2014

Formosa verloren, Mütze behalten!

Mit guter Schrift- und Sprachkunde kommt man weiter

Hier kommt noch eine Tierparkgeschichte aus der „Fauna‟ in Solingen-Gräfrath.

Die folgende Szene im Bild macht deutlich, wie wichtig es ist, die Sprache seiner Umwelt zu beherrschen. „Die Geschichte Taiwans‟ von Oskar Weggel, die ich in der Ausgabe von 1991 während der letzten Tage las, führte mich zu der Assoziation, dass der Xiǎo de péng-yǒu‟(小的朋友), der kleine Freund, wie Kinder schon mal in Taiwan genannt werden, in einer ähnlichen Situation steckt, wie die Holländer im Jahr 1661 in Taiwan.

Zunächst sind Weggels Darstellungen der Geschichte Taiwans sehr detailliert und wirklich lesenswert, wenn ich auch nicht allen Thesen folgen kann. Hier wäre zu hinterfragen, ob diese mit unserer Sichtweise im Jahr 2014 noch so gehalten werden können. Ob beispielsweise der Candidius-See, von den Ureinwohnern so getauft wurde, weil die holländischen Missionare so beliebt waren, ist meiner Meinung nach schwer vorstellbar. Mal schauen, was die Menschen vom Stamm der Thao sagen, wenn Luo You sie im kommenden Januar danach befragt.

Rechts steht der Junge, der noch die Mütze aufhat, wie einst die Offiziellen der Vereinigten Ostindischen Companie den Gouverneurshut von Formosa. Diese niederländische Handels- und Militärorganisation beherrschte die Insel von 1624 bis 1662. Links liegt in der Vorstellung das chinesische Festland. Die Lamas symbolisieren das am Handel mit den Holländern interessierte China. Im Tierpark geht es um den Austausch von leckerem Futter gegen Zuwendung. Das Lama, das der fütternden Hand am nächsten ist, ist Armeeführer und Territorialherrscher Zhèng Chéng-Gōng (鄭成功) oder verwestlicht mit seinem Ehrennamen Koxinga ( 國姓爺 oder Guó Xìng Yé).

Koxinga, als Getreuer des untergehenden Ming-Kaiserhofs, stand nach einer militärischen Niederlage auf dem Festland unter Druck. Die angreifenden Mandschu trieben China in der Zeit zur neuen Qing-Dynastie.

Wer lesen und verstehen kann, ist klar im Vorteil. Dieses Wissen haben die alten Holländer auf Taiwan lernen müssen. Hätten sie chinesisch verstehen und lesen können, wäre das Desaster von 1661 / 1662 mit einer erfolgreichen Invasion Koxingas und Vertreibung der Holländer vermutlich so nicht passiert.

Aber die Holländer standen ihrem Übersetzer und Unterhändler He Tingbin (何廷斌) zwar mißtrauisch gegenüber, aber sahen wohl keine Alternative zu ihm.

So konnte He Tingbin (何廷斌) ein doppeltes Spiel treiben. Während er Koxinga suggerierte, dass die Niederlande ihm gegenüber ihre Tributpflicht anerkannten, erklärte er den Holländern, dass die flaue Handelsbeziehung aufgrund der Antipathie gegenüber dem vormaligen Gouverneur entstanden wäre. Dabei nahm er einen extra Handelszoll im Namen der Koxingas neben der niederländischen Abgabe von den chinesischen Schiffen, die Taiwan verließen. Koxinga stelle Tingbin Taiwan als fruchtbares Eiland mit Potenzial darstellte; die Eingeborenen würden nur auf eine Befreiung von den Holländern warten. Die Niederländer hingegen wussten nichts von den Treffen zwischen Tingbin und Koxinga.

Wichtige Dokumente lesen und verstehen zu können, ermöglicht es, sich auf Attacken vorzubereiten, diplomatisch zu reagieren, beziehungsweise eine Verteidigung aufzubauen oder Verstärkung zu holen.

Bei dem Jungen im Tierpark blieb trotz Annäherung an das rebellische Lama die Mütze auf dem Kopf. Hätte er den Hinweis lesen könnte, wäre die Mütze bei den nur wenige Meter entfernt stehenden Eltern der sichere Aufenthaltsort gewesen.

Die Holländer aber verloren die Oberherrschaft über Taiwan für immer. Frühzeitiges Verhandeln und Absichern der Position schied aus, Verstärkung und Nachschub zur Verteidigung kam nicht mehr an.

Vielleicht ist es auch deshalb für Taiwan und die Taiwaner so wichtig, Sprachen früh zu lernen, im Ausland zu studieren und sich international zu öffnen. Keine mangelhafte oder ausgebliebene Kommunikation soll dazu führen, dass die Insel wieder verloren geht.

Montag, 15. Dezember 2014

MIT

Made In Taiwan

Gestern wurde beim Sonntagsausflug nach Solingen Swinhoes Fasan (Lophura swinhoii, in Solingen auch Hierophasis swinhoii genannt) im Tierpark „Fauna‟ (wieder-) entdeckt. Auf Taiwan selber sollen von der endemischen Art noch etwa 10.000 dieser Waldvögel leben.

Entdeckungen im 21.Jahrhundert: Lebensformen „made in Taiwan‟ in Solingen - Während sich unter den Mützen die beste Ehefrau von allen und eine unserer Nichten verbirgt, befinden sich hinter dem Maschendraht des Käfigs zwei Pärchen des Swinhoe-Fasans. Ob es auch außerhalb ihres Habitats in den Wäldern Taiwans und dem ungemütlichen deutschen Klima Nachwuchs geben kann?

Erstmals - zumindest für die Zoologische Gesellschaft von London - fand der britische Naturforscher Robert Swinhoe auf Taiwan 1862 die Art. Vogelkundler John Gould führte die Art 1863 in seinem siebenbändigen Werk „Birds Of Asia‟

Swinhoe besuchte im Zeitraum ab dem Jahr 1856 mehrmals Taiwan. 1860 wurde er der erste europäische Konsul auf Formosa. Fleißig sammelte der Naturforscher in seinen Jahren in Ostasien und beschrieb die Arten vornehmlich als Vogelkundler. Swinhoe musste 1875 wegen seiner Gesundheit China verlassen. Zwei Jahre später verstarb er im Alter von 41 Jahren.

Beschreibung am Käfig – Offenbar verträgt sich der Fasan friedlich mit Vogelarten aus Afrika und Amerika auf kleiner Fläche.

Die ersten Blaufasane soll Konsul Swinhoe 1866 nach Europa gebracht haben. Interessant ist, das in der Quelle „www.ziergefluegel.com‟ nur ein Vogel genannt ist, mit dem es ein Jahr später zur Nachzucht von 12 Jungvögeln kam.

Sicher ist davon auszugehen, dass Swinhoe weder die Art als erster Mensch entdeckt oder gefunden hat. Es sollte davon auszugehen sein, das er auf unheimische Zuarbeiter angewiesen war. Der Blaubauchfasan (藍腹鷴 oder Lán Fù Xián), so der chinesische Name des Vogels, dürfte den Menschen in China und auf Taiwan seit Jahrhunderten bekannt sein. Aber so ist nun einmal das westlich-imperialistische Denken: Ignorieren, wegnehmen und bestimmen. Warum heißt der Vogel Swinhoefasan und nicht Lanfuxian? Swinhoe, ein Jüngling in seinen Zwanzigern, der in eine gutausgestattete britische Familie hineingeboren wurde und einige wenige Jahre in Taiwan war, beschreibt einem einflußreichen Ornithologen in England einen Vogel, den er gesehen und wohl auch gefangen hat. Und „Bums‟ hat das Viech seinen Namen weg!

Sonntag, 14. Dezember 2014

Reiseziel Candidius-See

Kurort oder Hort der Kulturlosigkeit?

Nachdem der erste Taiwanurlaub der Gesundheit und dem Wohlbefinden der Mutter so förderlich war, brauchten wir in diesem Jahr nicht die Frage zu stellen „Weihnachten alleine oder Taiwan?‟ Taiwan mit seinen freundlichen Menschen, einem angenehmen Winterklima, schönen Landschaften und der vielfältigen Küche hat sich als quasi Kurort für sie bewährt. 2014 fliegen wir ohnehin erst zwischen den Jahren auf die subtropischen Insel.

Diesmal ist das Reisziel ein Wiedersehen mit dem Candidius-See, besser bekannt als Sonne-Mond-See (日月潭 oder Rì Yuè Tán) in Mitteltaiwan.

Als kleinster Ureinwohnerstamm Taiwans leben um den See die Thao mit 759 Stammesmitgliedern im November 2014, die nach der Legende bei der Jagd auf einen weißen Hirschen den See entdeckt haben sollen. Aufgrund der Schönheit des Ort und guten Lebensbedingungen haben die Thao sich dort niedergelssen.

1624 begonnen die Holländer Taiwan zu besetzen. Zu ihrer Erschließungspolitik zählte auch Bekehrung der Ostinder zum Christentum. Der holländische Missionar George Candidius war von 1627 bis 1637 so erfolgreich, das nach ihm der idyllischen See benannt wurde. Verfestigen konnte sich der Name aber nicht, wurde aber noch in der frühen westlichen Kartografie Formosas aufgenommen.

Heftige Veränderungen am Sonnen-Mond-See kamen mit der japanischen Kolonisierung Taiwans. 1919 begann der Ausbau zur Nutzung der Wasserkraft. Seit 1934 wird den industriellen Zentren Energie aus dem Wasserkraftwerk geliefet. Bis 1960 konnte das Kraftwerk den gesamten Strombedarf Taiwans abdecken.

Weitere große Veränderungen ergaben sich mit der Herrschaft von Chiang-Kai Shek. Wer die schönsten Orte auf Taiwan kennenlernen möchte, kann getrost der Liste der Gästehäuser von Chiang Kai-Shek (蔣介石 oder Jiǎng Jiè-Shí) folgen. Stilsicher wurden Paläste und Villen des Diktators in die herausragenden Landschaften der Insel platziert. Neben seinem Gästehaus Hanbi Lou (涵碧樓), dem heute ausgebauten und transkribierten , Lalu-Hotel sind Tempel, Pagoden, Kirchen und neben dem Gästehaus auch weitere Unterkünfte zur Ausschmückung der Landschaft im chinesischen Stil entstanden.Nach Lebensraum und Chance zur Energiegewinnung wurde die Landschaft über ihren Erholungspotenzial in Wert gesetzt.

Dabei könnte - mal abgesehen vom angenehmeneren Winterklima, von der Fremdartigkeit der Gebäude und Menschen - auch mancher Stausee im Sauerland es gut mit dem landschaftlichen Reiz des Sonne-Mond-Sees aufnehmen.

Inwertsetzung und Kommerzialisierung des Landschaftsraums im 21. Jahrhundert – Mittels einer High-Tech-Seilbahn geht es über die Berghänge am Sonne-Mond-See zum Freizeit- und Kulturpark.

Heute besteht Sorge am Sonnen-Mond-See, dass die Flut chinesischer Touristen und der damit entstehende Rummel auf längere Sicht schadet. Der Druck der Massen, möglichst viel für wenig Geld zu bekommen und dabei das Risiko kaufkraftstärkere Reiseklassen zu verlieren, lässt die Menschen, die dort wohnen und arbeiten, nachdenken.

Auch Luo You hat viel darüber nachgedacht, ob die Ziele kulturloser Máo Fěi (毛匪) überhaupt noch in Betracht kommen. Es gibt immer noch weiße Flecken auf der Landkarte Taiwans. Noch sind nicht alle Standorte von Gästehäusern Chiang Kai-sheks erkundet. Allein aus dem Glauben der taiwanischen Ehefrau, der Sonne-Mond-See sei etwas ganz besonders, weil so viele dort hin reisen, und der Bequemlichkeit des ausgebrannten deutschen Ehemanns, was anderes außerhalb der Spurrillen schwerer Reisebusse vorzuschlagen, fahren wir möglicherweise deshalb wieder und wieder dorthin.

Luo Yous weiße Flecken auf Formosas Landkarte – Eine Reise wert ist beispielsweise die Gegend nördlich von Ruì-Fāng (瑞芳) entlang der Shen-Ao-Bahnlinie. Nach kürzlicher Äußerung von Europäischem Gerichtshof und Bundesgerichtshof ist jetzt etwas mehr Rechtssicherheit zum Einbetten fremder Inhalte entstanden. Ich gehe mal davon aus, dass Shuifan Liu den Videoclip als Urheber eingestellt hat und ich hier kein erweitertes Publikum von Internetnutzern gegenüber Youtube anspreche. Sollte Shuifan Liu doch etwas Schlimmes mit dem Einstellen dieses Videoclips gemacht haben, distanziere ich mich davon. Wozu ich sonst gerne auf Taiwan eigene Bildmaterial herstellen möchte, sind die Nordküste Taiwans mit „Queen´s Head‟, die Matzu-Inseln, Wulai südlich von Taipei, nochmal bei besserem Wetter das Gebiet um die Schneeberge mit Wuling und Taipingshan. Auch ein längerer Aufenthalt an der südöstlichen Pazifikküste, also südlich von Taimali steht noch auf der persönlichen Wunschliste.

Die nächste Reise ist jedenfalls entschieden, gebucht und angezahlt. In gewisser Hinsicht hat das Erleben von Chinesen in großer Zahl auch seinen Reiz und ist auch eine Art von Urlaub, die ermöglicht den deutschen Alltag hinter sich zu lassen. Zum „People Watching‟ ins entwickelte demokratische Taiwan erscheint durchaus die angenehmere Alternative zur Volksrepublik China. Richtig kulturlos sind nach meiner Erfahrung ohnehin nur wenige Einzelpersonen, wobei es schon stört beispielsweise ein vom Vormieter verrauchtes Nichtraucherzimmer zu erhalten. Immerhin werden Reisende mit westlichen Gesichtern in taiwanischer Begleitung schon mal an Gruppen von Chinesen vorbei gelotst nach dem Motto „Ihr ward früher da.‟ Das kann innerlich durchaus aufbauen.

Freitag, 12. Dezember 2014

¡Yo quedo Yo(u)!

Ausgespuckt!

Im 9. Jahrhundert gelang es einem Menschen mit dem Namen Wilfied der Haarige verschiedene Grafschaften um Barcelona unter seine Herrschaft zu bringen und damit quasi Katalonien zu gründen. Er erhielt auch das Recht von den Franken, seinen Titel und die Ländereien zu vererben, so dass die Familie erstmal ausgesorgt hatte. Nach der Legende hatte Wilfried in einer Schlacht blutende Verletzungen davongetragen, in die sein damaliger König Karl der Kahle seine Finger tauchte und vier rote Streifen auf Wilfrieds goldenen Schild zog. Aus diesem unhygienischen Handeln soll sich die Flagge Kataloniens, die Senyera, ableiten.

Da im Jahr 986 weder eine gefordete Hilfestellung von den Westfranken kam, noch dem König die Lehntreue geschworen wurde, erhielt Katalonien de facto seine Unabhängigkeit. 1164 entstand nach Heirat die Staatsgemeinschaft Aragon – Katalonien, die sich auf weitere Gebiete im Mittelmeerraum ausdehnte. Vertraglich verzichtete Frankreich als Rechtsnachfolger der Franken endgültig 1258 auf Gebietsansprüche in Katalonien gegenüber dem Königreich Aragonien. 1506 kam im spanischen Einigungsprozess den "Reyes Catolicós", den katholischen Königen Fernando und Isabel, folgend auch die kastilische Krone hinzu, so dass alle Gebiete unter einem Herrscher standen. Spanien konnte mit der kurz zuvor, nämlich 1492, erfolgten Entdeckung Amerikas zur Weltmacht aufsteigen.

Und heute?

Nach hunderten von Jahren einer gemeinsamen Staatsentwicklung hat sich am 9.11.2014 bei einer inoffiziellen Befragung in Katalonien eine Mehrheit der Teilnehmer für die Unabhängigkeit der nordostspanischen Region ausgesprochen. 1,83 Millionen Menschen, 80 % Prozent der Wahlteilnehmer, votierten für einen eigenständigen katalonischen Staat. Die Zahl der Wahlberechtigten läge bei einer regulären Wahl bei rund 6,2 Millionen Menschen, was heisst, das lediglich ca. 20 % der Wahlberechtigten einer Unabhangigkeit Kataloniens zugestimmt haben. Der Präsident Kataloniens bat trotzdem um Unterstützung für legales Referendum. Vermutlich gäbe es wie in Schottland dann endlich Klarheit und die penetranten Unabhängigkeitsanhänger wären zumindest für einen gewissen Zeitraum ruhig.

2008 bezeichneten 32 % der Bevölkerung Kataloniens das Katalanische als Muttersprache, 55 % gaben Kastilisch (Spanisch) an und 4 % nannten beide Sprachen. Laut den amtlichen Erhebungen war Katalanisch als Umgangssprache rückläufig. Spanischsprachige Zuwanderer - und nicht nur diese empfinden - die Sprachpolitik mitunter als schikanös, da ihnen, etwa für öffentliche Stellen, Katalanischkenntnisse abverlangt werden. Wer einmal an einem Sonntag an einer Bushaltestelle, wo der katalanische Aushang nur im Kleinstgedruckten spanische Erläuterungen enthielt, auf einen Bus gewartet hat, der nur an Werktagen fährt, kann dies absolut nachvollziehen. Welcher ehemalige Schüler der spanischen Sprache kann schon erahnen, was „dilluns, divendres, dissabte, diumenge‟ im katalanischen Spanien bedeuten sollen?

Erkennbar hegt der Verfasser dieser Zeilen wenig Sympathie für die katalonische Unabhängigkeitsbewegung. Eigennützig gedacht entwertet sie meine Spanischkenntnisse. Sie ist in einem Europa aber auch unnötig, das sich als gemeinsamer Kulturraum immer weiter annähert. Hier stehen offenbar Partialinteressen einiger gekaufter Regionalfürsten im Vordergrund, möglichst viel für sich herauszuholen. Katalonien war fast immer regionaler Bestandteil in einem umfassenderen Staatsgebiet. Schon aus der geografischen Lage als Engstelle auf der iberischen Halbinsel ist die Gegend um Barcelona eine Schnittfläche zwischen dem Nordosten und dem Südwesten. Austausch und Transfer sprechen in diesem Raum gegen Seperatismus und Absonderung.

Wie anders ist da mein Reiseziel für die kommenden Neujahrsferien zu sehen, die schöne Insel Formosa, in einer Randlage und getrennt vom asiatischen Kontinent, weit entfernt von den Wertvorstellungen und dem politischen System Chinas, über Land nicht verknüpft mit den Nachbarn, fast immer in seiner Geschichte unter einer wirklichen Fremdherrschaft, so als japanische Kolonie, oder als Inselstaat, wie heute, autonom. Von chinesischen Festland wurde Taiwan eigentlich nur von 1683 bis 1895 und in den ersten Nachkriegsjahren 1945 regiert. Jahrhunderte unterscheiden die Geschichte Kataloniens und Taiwans.

Hier ist es an der Zeit, zu einem Referendum aufzurufen, unterstützt von der internationalen Staatengemeinschaft und akzeptiert von den großen Nachbarn, insbesondere der Volksrepublik China. Aber doch nicht in Katalonien!

Sprachpropaganda und klareres Licht am Strand von Es Trenc - Poesie des katalanischen Dichterfürsten Miguel Costy y Llobera verschönt einen Bunker, den Sprachverbieter Franco zur Abwehr einer befürchteten Invasion der Republikaner im spanischen Bürgerkrieg hier errichten ließ.

Sprachterror anders – Hausgemachtes Eis verwandelt die Hauptstraße des mallorquinischen Arta in eine Seitengasse der Fußgängerzone Elberfelds.

Das kann kein CSU-Anhänger sein, der im fremden Land seine Zugehörigkeit zu einer Parallelgesellschaft und Ablehnung jeglicher Integrationsbereitschaft provokativ zur Schau stellt. Ihr sollt die Sprache des Landes bis in eure Wohnstuben reden und schreiben, elende Überfremder, so wills Herr Andreas Scheuer, der Prager Doktor (Europa, aber …). Ziemlich bescheuert wird´s, wenn sich Politik so ins Private hereinpopelt. Soll er sich doch darum kümmern, dass nicht einige wenige – Er meint mit denen bestimmt die Begünstigten der Luxemburger Steuervorbescheide - denen auf der Tasche liegen, die täglich leisten, leisten, leisten. Geh an deinen deinen Stammtisch, rülps dein Bier runter und murmel bayerisch, aber nerv nicht mit offener Hose rum, du narrisch Depperter, mag Luo You solchen Thesen zurufen! Alles nur ein Missverständnis, wiegelt Seehofer die gut vorbereiteten Entwürfe ab.


Dabei hat sich die beste Ehefrau von allen - trotz Englisch in der Küche und Chinesisch mit der Nichte - schon erstaunlich in den vergangenen Jahren entwickelt. Bei der ersten Reisen in Luo Yous Begleitung durch Deutschland blieben versalzene Suppen stehen, italienische Nudeln mit ekligen, sogenannten Meeresfrüchten fanden den Weg zurück in den Abfallcontainer des Restaurants – wo sie vermutlich auch herkamen. Harte Brötchen zum Frühstück stellten sich mehr als kulturelle Besonderheit dar und nicht als Nahrungsmittel. Nach Integrationskurs und vieljährigem Aufenthalt in Deutschland ist wenig von dem geblieben. Dem Motto „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt‟, selbst wenn es nur hartes Porzellan und der Salzstreuer sind, hat sich die Frau perfekt angepasst.

Trotz allem gibt es noch die Momente des „Das geht gar nicht!‟.

Damenfrühstück auf Mallorca – Was für Vampire Knoblauch ist für Taiwaner Ziegenkäse. Hier im Foto ist auf dem Teller unten rechts zu finden. Zwischen geröstetem Brot im Bruschetta-Stil mit Knoblauchbutter und Tomate findet er sich unter dem Ring von der mild-grünen Peroni. Nach dem reflexartigen Ausspucken und dem hochkommenden Würgreiz ist erstmal der Mund auszuspülen.

Dem deutschen Ehemann mit vermutet polnischen und schweizer DNA-Abschnitten, zwischen denen ostpreussisch, thüringisch, rheinisch, westfälisch und sonst woher stammende Biomoleküle verkettet sind, schmeckt der würzige Käse auf dem angebissenen Häppchen gut. Ohne Ziegenkäse aber mit Chorizo hat der Snack mittlerweile Einzug in unsere Küche gehalten. Da bleibt nur zu hoffen, dass die CSU es nicht auch noch zum Leitantrag macht, neben der deutschen Sprache auch die deutsche Küche zu fördern, um das Entstehen geschmackvoller Parallelgesellschaften zu verhindern. Die Nichte ist übrigens froh, ab morgen auf die klassische deutsche Küche ihrer wortkargen Au-Pair-Familie in Bayern verzichten zu können.