Mittwoch, 30. Mai 2012

Die Geschichte vom Perlenmilchtee - Pearl Milk Tea - Bubble Tea

Meines Erachtens ist ein neues Produkt erst dann richtig in der deutschen Kultur aufgenommen, wenn vor ihm gewarnt wird. So wie dies einst mit dem Kaffee geschah, hat es jetzt den Taiwan-Import „Bubble Tea“ oder „Pearl Milk Tea“ getroffen. Gestern veröffentlichte die Verbraucherzentrale Bayern ihre kritischen Hinweise.

Schon kurz nach der Eröffnung des Düsseldorfer Bobo Q, standen im Mai 2011 zwei Plastikbecher mit Strohhalm in der heimischen Küche. Die runden Kugeln aus Tapioka waren wegen der großen Nachfrage im Laden ausgegangen. Stattdessen gab es zu den „naturnahen“ Geschmacksrichtungen Oolong (einem taiwanischen halbfermentierten Tee) und Taro (einer Süßkartoffel von der Pazifikinsel) würfelförmige Kaffee-Gelatine.

Die persönliche Forderung nach möglichst wenig Zucker im Perlenmilchtee hat seine Ursache in der nachfolgenden Aufnahme, die im TAISUCO-Einkaufszentrum im Norden von Kaohsiung gemacht wurde.

Der kombinierte und vermutlich übermäßige Konsum von kalorienreichen Perlenmilchtee und quietschbunten Taiwanfernsehen legt die Entwicklung einer ausgeprägten Adipositas nahe, wie rechts vom Plastikbecher erkennbar, ganz im Gegensatz zu denjenigen, die sich sonst so gern auf dem Eiland bewundern lassen.

Dabei ist gegen ein gelegentliches gepflegt stilvolles taiwanisches Essen mit einer guten Maß naturnahen Perlenmilchtee, wie hier in Kaohsiung nahe dem Sun-Yatsen-Kulturzentrum, gar nichts einzuwenden, wenn es denn eben im Maß bleibt.

Sonntag, 27. Mai 2012

Bitte den Ehemann bewundern!

20 Jahre ging es gut. Und jetzt hat die „Taiwan Gender Equality Education Association“ es herausgefunden.

In einem Online-Wörterbuch des Erziehungsministeriums der Republik China (Taiwan) steht zur „neuen guten Frau“ (新好女人) geschrieben: „Die „neue gute Frau“ konzentriert ihr Leben auf die Familie, bewundert den Ehemann, behütet ihre Kinder gut und versucht ihr Bestes, Glück und Harmonie in der Ehe zu erhalten.“

Ein Arbeitsumfeld taiwanischer Frauen - Nach Feierabend folgen dann die Familie, die Bewunderung für den Ehemann, die Kinder, Glück und Harmonie in der Ehe. Neue gute Frau + Neuer guter Mann = Glückliche Familie. So einfach kann das Leben sein.

Nach den Protesten haben Offizielle laut Taipeitimes und anderer Quellen (hier auf echt taiwanisch) erkannt, dass die „neue gute Frau“ verheiratet sein kann, aber sie kann genauso gut ledig, geschieden, kinderlos oder lesbisch sein. In den nächsten Wochen soll eine für die heutige Gesellschaft passende und zeitgemäße Formulierung gefunden werden.

Heute war bereits folgender Text unter der „neuen guten Frau" (新好女人) abzurufen: „民國八十年代末期對女性的稱呼,相對於新好男人,為求取性別關係平衡過程中所提出的一種看法。新好女人的特色為:以家庭為生活重心、愛慕先生、照顧子女,盡力維持婚姻生活的美滿和諧。“ Der neu hinzugefügte erste Satz verweist darauf, dass es sich um eine Aufforderung aus dem Jahr 1992 handelt. An den restlichen Sermon hat sich noch niemand herangetraut.

Und was machen deutschsprachige Publikationen daraus? Die Nachricht liest sich im Deutschen so, als sei die Regierung in Taiwan völlig zurückgeblieben und in der Entwicklung behindert.

Dabei werden weder die Eigenarten des Internets noch die kulturellen Hintergründe erkannt. Ein mit der Zeit weniger gefragter Begriff in einem Online-Wörterbuch aus dem Anfangstagen des Netzes kann Jahrzehnte von den Webnutzern unbeachtet bleiben und von den Autoren vergessen werden. Kulturell war die Definition der „neuen guten Frau" (新好女人) wohl als Gegenstück zum Bild des „neuen guten Mannes“ (新好男人) gemeint. Den brauchte Taiwan nämlich in und vor den 1990er Jahren, als Frauen die Hauptlasten im Lande trugen, hart arbeiteten und Männer gerne in ihren Pascha- und Macho-Rollen verharrten.

Zunächst wirkt es beruhigend, dass solche Nachrichten international Zeitungsseiten und den Speicherplatz im Web füllen können. Andererseits ist es wenig nachvollziehbar, warum andere, schwerwiegendere soziale Probleme ausgeblendet werden.

Samstag, 26. Mai 2012

Die zwei Detektive - oder - Verdammt, wo fährt der Bus ab!

Taiwan verfügt über ein ordentliches Netz von lokalen und überörtlichen Buslinien. Aber wie auch in Deutschland ist ein gewisses Insider-Wissen nötig, um das Verkehrsangebot richtig nutzen zu können. Dabei ist es selbst für geborene Taiwaner häufig schwierig, schon die Bushaltestelle im mit allem möglichen Zeug überfrachteten Straßenraum zu finden. Großformatigste Werbung, in Massen abgestellte Motorroller, bis auf den letzten Zentimeter zusammenparkte Autos, lagernde Waren von Geschäften, Tische und Stühle von Restaurants, Küchen der Imbisstände, abgestellte Maschinen von Erdgeschosswerkstätten, Bonsais und Topfpflanzen sowie Müll oder Bauschutt versperren nicht nur den Weg, sondern auch den klaren Blick, wo der Bus abfahren könnte.

In frequentierten Städten ist gelegentlich eine Ansammlung von herumstehenden Menschen, die wie Reisende aussehen, ein guter Anhaltspunkt, wo der Bus stoppt. Ansonsten konnten die zwei Detektive helfen. Rechts und links der Bushaltestellen waren im Gebiet von PTBUS.COM um Pingtung (屏東) im Süden Taiwans jeweils zwei Werbeträger, Masten mit Schildern oben dran, aufgebaut. Die Werbebanner waren deutlich besser wahrnehmbar als das eigentliche, sehr unscheinbare und kleine Haltestellenschild.



Was als Reklame für eine Erotikmesse im Rheinland durchgeht, ist hier der Aushang für eine Detektei, die helfen will, zum Beispiel vermutet untreue Ehepartner zu überwachen. Wer denkt da nicht an Emma Peel im schwarzen Lederdress?


Jedenfalls konnten wir mit den zwei Detektiven gut einige unserer Ziele bei der Taiwan-Tour (nach Baolei, Kenting, Luye, Huwei mit Anfang, Ende und Zwischenhalten in Kaohsiung) zum Jahreswechsel 2011 / 2012 erreichen. Schade nur, dass die Busse wenig sexy, geradezu uncool lackiert waren.


Vor einer unverbauten, völlig für Taiwan untypischen Teletubby-Landschaft (Vielleicht gibt es solche Landschaften in China?) mit blauen Himmel, Regenbogen und Schäfchenwolken zeigt sich Präsident Ma Ying-Jeou mit seinem Vize in Wahlkampfpose auf einem Bus vor dem Bahnhof von Fangliao (枋寮). Die Gefahr zum Agent Provocateur für einen Seitensprung zu werden, ist bei den beiden Herren - selbst bei metrosexueller Ausrichtung -, im Gegensatz zu den aparten Detektivinnen, jedenfalls deutlich geringer.

Samstag, 5. Mai 2012

雪山隧道 - Tunnelblick - Tunnel Vision

Die Fahrt zum 12,9 km langen Hsuehshan-Tunnel (雪山隧道, Xue3 Shan1 Sui4 Dao4, xuěshān suìdào) oder Schneebergtunnel erinnert an die alte Gedichte von Odysseus und den Sirenen.


Betelnuss-Schönheiten von betörendem Aussehen versuchen den Reisenden vom Weg abzulenken. Trotzdem gelang es Luo You an dem Glascontainer der Süßen vorbei zum richtigen Tunnelloch zu kommen.


Die Schönen locken Vorbeifahrende zu ihrem Container nicht nur durch ihr bezauberndes Aussehen, sondern vor allem durch Angebote an Betelnüssen und sonstigem, was man auf einer Fahrt begehren kann. Folgen die Kraftfahrzeugführer ihnen zum Container, sind sie verloren und bekommen schwarze Zähne vom Nüssekauen. Ihr genaues Schicksal wird hier, wie auch in der Odyssee, nicht angegeben.

Luo You wollte die Betelnuss-Schönheiten wohl aus Neugier dennoch sehen. Er ließ auf Rat hin in Taiwan die Finger vom Steuer, konzentrierte sich auf die Beifahrerrolle und die Kamera. So konnte er das Aussahen der Mädchen bewundern, die ihm bei einem kurzen Besuch einige Nüsse mit aufmunternder Wirkung versprachen, aber als er hingerissen folgen wollte, trat seine Frau energisch aufs Gaspedal. Außer Sichtweite gekommen, verlor der Zauber seine Wirkung.


Dann konnte sich Luo You auf die technische Meisterleistung konzentrieren, wobei die Einfahrt mit dem banalen Bunkergebäude der Straßenbauverwaltung, dem historisierend ein paar Fujien-Giebel verpasst wurden, völlig daneben ist. War wirklich kein Geld mehr da für gute Architektur an so prominenter Stelle bei dem 2,2 Milliarden Euro teuren Projekt?


12,9 km ziehen sich.


Taipeis Kloake nach Osten im Landkreis Ilan - Noch ist es hübscher in Ilan, aber der Tunnel ist der beste Weg die Hässlichkeit des „urban sprawl“ von Taipeis Vorstädten auch hierhin auslaufen zu lassen.


Die Belohnung noch der langen Tunnelfahrt ist die gemütliche Ecke zum Teeschlürfen im Zimmer des Forte Dong Shan Hotels in Wujie. Anders als in den üblicherweise „nackten“ deutschen Gäste- und Hotelzimmern werden in Taiwan, wie auch zum Beispiel in England, auf dem Zimmer neben Zahnbürste, Seife, Rasierer, Shampoo, Duschkappe etc. auch Kaffee und Tees, manchmal sogar einige Snacks und eine englischsprachige oder chinesische Tageszeitung im Preis inbegriffen angeboten. Nur das schlappe Winterwetter im Nordosten Taiwans vergraute die Stimmung ein wenig.

Und hier hier der Hsuehshan Tunnel komplett in ganzer Länge von Ilan zurück nach Taipei.