Montag, 31. Dezember 2012

Wie 2012 anfing / How 2012 Started

Der Neujahrstag 2012 brachte eine Fahrradtour im fröhlichen Familienkreis um den Agongdian-Stausee im heutigen Stadtgebiet von Kaohsiung, im Süden Taiwan gelegen.



Bei frühlingshaften Wetter mit blauen Himmel lagen buddhistische Klänge in der Luft. Ein angenehmer Rückenwind trieb am Ende der Tour die Fahrradbegeisterten über den längsten Staudamm Taiwans. 2013 im trüben, grauen Deutschland wird sicherlich anders beginnen. Aber günstiger Weise bestimmt der erste Tag aus Erfahrung nicht den restlichen Verlauf des Jahres.

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Tu Di Gong trifft Jesus - Tu Di Gong meets Jesus

Der Gott der Erde Tǔ Dì Gōng (土地公) war zuletzt Thema in diesem Blog. Sehr ausführlich wird seine Bedeutung auf Taiwan auch in dem interessanten Aufsatz von Christopher A. Hall beschrieben. Zur diesjährigen Weihnacht hatte die chinesische Gottheit nun Gelegenheit, den christlichen Heiland im festlich geschmückten Elternhaus zu treffen.

In den Proportionen passt er recht gut zur betenden Maria und zum Josef. Aber der wachsame Hirtenhund und das rastende Schaf wirken verblüfft über die ungewöhnliche Erscheinung in der nachgestellten Krippenszene.

Tu Di Gong nutzte die Chance mit einem Kollegium von Nikolausen über religiöse Fragen zu diskutieren. Dabei wird vertieft auf den Islamismus eingegangen, der gegenwärtig in seiner dominierenden Ausprägung an Humorlosigkeit, Borniertheit und Menschenverachtung kaum zu überbieten ist. Religionen sollten tolerant sein, jeden Menschen, egal ob Mann oder Frau, schwarz oder weiß, schwul oder hetero, in seiner Individualität achten und aufnehmen. Leider ist hinsichtlich der Offenheit auch die katholische Amtskirche in Deutschland kein großes Vorbild, die an Gott gläubige Steuerflüchtlinge knallhart von allen Sakramenten ausschließt. Dass es in der Kirche andere Meinungen gibt, bewies der örtliche Senior-Pfarrer in der elterlichen Gemeinde. Er führte in seiner Predigt aus, dass es für Gott keine Zulassungsbeschränkungen geben kann.

Irgendwie macht sich der nette Kerl ganz gut unterm deutschem Tannenbaum, der im häuslichen Garten geschlagen wurde. An die asiatische Heimat erinnert Tu Di dabei der Weihnachsstern (Euphorbia pulcherrima) im Hintergrund. Denn die ursprünglich aus Südamerika stammende Pflanze lebt genauso gerne verwildert in höheren Lagen der subtropischen Insel von Taiwan und wächst dort zu großen Büschen heran.

Die Idee, den Weihnachtsbaum mit chinesischem Neujahrsschmuck zu behängen, konnte ich mich noch nicht umsetzen. Dabei habe ich eine geeignete Sammlung von kleinen Lampions, angedeuteten Feuerwerkskörpern, nachempfundenen traditionellen Geldstücken und ähnlichem, die prima von der Größe her den Christbaumkugeln entsprechen. Nur die beste Ehefrau von allen hat sich bisher vehement dagegen mit den Hinweis gewehrt, dass wir doch kein China-Restaurant eröffnen wollen. Vielleicht klappts im nächsten Jahr.

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Tu Di Gong

Die ARD veröffentlichte gestern anlässlich des Radio-Features „Wissenschaft vom Weihnachtsmann“ auf ihrer Internetseite die Frage: „Nikolaus von Myra, Santa Claus, der chinesische „Gott des langen Lebens", der mongolische „Weiße Alte“: alles Verwandte in der globalisierten Weihnacht?“

Dabei entspricht der chinesische Gott des langen Lebens eigentlich gar nicht unseren Darstellungen vom Nikolaus. Es ist vielmehr der Gott der Erde Tǔ Dì Gōng (土地公), der eine unheimliche Ähnlichkeit mit dem Bischof von Myra hat. Sogar Tu Di Gongs Charakter als eine mit den einfachen Menschen verbundene Gottheit zeigt mehr Übereinstimmung mit Bischof Nikolaus als der kletternd-sportliche oder im Rentierschlitten rasende Santa des Kommerzes, der mit dem Überfluss der Konsumgesellschaft um sich wirft. Denn Nikolaus ist nämlich der einzige Heilige, der den Menschen so nahe kommt, in ihre Wohnungen eintritt und mit ihnen spricht. Alle anderen bleiben im öffentlichen Raum.

Abbildungen des Nikolauses aus Schokolade und bedruckter Alufolie, wie sie in hiesigen Supermärkten angeboten werden.

Als weiteren Beleg, wie gut der verbeamtete Tu Di Gong mit dem kirchlichen Würdenträger Nikolaus übereinstimmt, werde ich bei nächster Gelegenheit hier ein Bild der Mini-Statue von Tu Di Gong ergänzen, die in einer Vitrine in meinem Elternhaus auf ihren alljährlichen Nikolauseinsatz wartet. Tu Di Gongs großer Tag ist in Taiwan übrigens auch stets im Winterhalbjahr, aber am 2.2. nach dem chinesischen Kalender und am 16. jeden Monats wird noch zu ihm gebetet.

Die heiligen drei Könige Fú, Lù und Shòu (福祿壽) kommen dann am 6. Januar 2013 in diesem Blog dran. Darunter ist übrigens auch der Gott des langen Lebens. Wer denkt bei dem greisen Kahlkopf Shou - hier links auf den First eines Tempels in Luye - schon an unseren guten Nikolaus?

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Unvergeßliche Momente - Made in Taiwan

Mit dem ersten Advent am vergangenen Sonntag hat in Deutschland die Vorweihnachtszeit begonnen. Auch wenn die Wochen mit Terminen gefüllt sind, gibt es doch Zeit zur Besinnlichkeit und die zum Jahresende unvermeidlichen Erinnerungen an das, was war. Zu diesen Erinnerungen zählen auch Momente bei meiner alten Arbeitstelle, die im Gedächtnis haften bleiben, so der Aufbau des Wunderweihnachtsbaums.

Der auf wundersame Weise selbst wachsende Weihnachtsbaum en miniature war 2002 das Werbegeschenk und der kreative Weihnachtsgruß eines Auftragnehmers der Organisation, bei der ich früher beschäftigt war.

Werbung ist dann erfolgreich, wenn sie auch nach 10 Jahren noch im Gedächtnis präsent ist und mit dem Unternehmen in Verbindung gebracht wird. Dem Versender, übrigens damals neben- und heute fast schon hauptberuflich Künstler, kann daher nur gratuliert werden. Der kuriose Geschenkartikel ist auch gegenwärtig noch im Handel und kann natürlich auch online erworben werden.

Überrascht hatten das Kollegium und mich die Herkunft des kleinen Wunders. Es kam - mal nicht aus China sondern - aus Taiwan (belegt durch die Einprägung MADE IN TAIWAN unter dem Plastikhalter) und zählte wahrscheinlich dort zu den vielen Produkten, wo dem Proletariat die Entfremdung von der täglichen Arbeit und dem eigenen Werk ganz besonders bewusst wird: Was zum F... setzen wir 12 Stunden am Tag zusammen? Wofür ist die K....? Wer den will den Sch....? Ähnliche Fragen stellen sich auch die Arbeiter in der asiatischen Industrie für Weihnachtsbaumschmuck, deren Fabriken millionenfach Christbaumkugeln verlassen, nicht im Inland gebraucht wird und keinen Bezug zur eigenen Kultur hat.