Sonntag, 18. August 2013

Überraschung im Jahr des Drachen

Heiner Müller globalisiert oder was ist los in Vietnam?

2012 war nach den chinesischen Tierkreis das Jahr des Drachen. Das „Jahr des Drachen“ ist aber auch ein Film, der – keine Überraschung – im Jahr des Drachen, also 2012 spielt, und gestern im WDR-Fernsehen in Wiederholung ausgestrahlt wurde.

Nachdem mir meine Mutter am Telefon mitgeteilt, das sie den deutschen Film mit asiatischen Hintergrund gerade sieht, war auch mein Interesse geweckt. Statt des Filmdramas habe ich mir mit besten Ehefrau von allen dann doch lieber Til Schweigers lustigere Komödie „Zweiohrküken“ auf DVD angesehen, was unsere Stimmungslage besser traf. Das „Jahr des Drachen“ wurde parallel aufgezeichnet und heute morgen zu Ende geguckt.

Die Geschichte ist recht einfach und klingt bekannt. Gestandener deutscher Geschäftsmann trifft jüngere hübsche Asiatin. Dazu schreibt der Sender:

Thomas Eichner, gespielt von Klaus J. Behrendt, soll er für sein Unternehmen in Saigon verhandeln. Fernab von seiner Heimat, dem Konflikt mit seinem Sohn, der seit Jahren quälenden Sorge um seine krebskranke Frau und seinem drohenden 50. Geburtstag lernt er die Vietnamesin Huong kennen: „Sie ist hinreißend. Sie ist jung. Sie ist das Leben.“

Zu seinen schwersten Sorgen zählt sicher der drohende 50. Geburtstag, was der im Jahr des Drachen geborene Verfasser dieses Blogs aus persönlichen Gründen absolut nachvollziehen kann. Die Monate bis dahin sind fast an einer Hand abzählbar. Was bedeuten da Ehefrau und Sohn?

Vorsicht bei drohenden 50. Geburtstagen! In dem verflixten Lebensjahr können neue exotische Reize alte Beziehungen aus dem Gleichgewicht bringen.

Das Treffen mit Huong war von den vietnamesischen Geschäftspartnern arrangiert und bezahlt. Trotzdem – so wie es kommen muss – verlieben sich die beiden. Der Konflikt zwischen Familie und neuer Liebe wird im Film nicht gelöst. Nach etwa 90 Minuten sorgt ein Verkehrsunfall für den Tod von Huong, die in Vietnam ihre kleine Tochter und Mutter hinterlässt, welche ebenfalls einer teuren medizinischen Behandlung bedurfte.

Huong wird von Nina Liu dargestellt, einer australischen Schauspielerin mit chinesischen Wurzeln, die in Berlin lebt. Das ist Globalisierung, sagt meine Frau, hätte es denn keine passende vietnamesische Schauspielerin gegeben, wo doch so viele Vietnamesen in Deutschland leben? Muss es ihr als Australierin nicht geschmerzt haben, Dialoge in vorgetäuschten gebrochenen Englisch von sich zu geben?

So als Huong Thomas hinweist, dass er nur 2.000 US-$ statt der erwarteten 5.000 an den Onkel für die medizinische Behandlung ihrer Mutter online nach Vietnam überweist. Darauf Thomas: „I´m not a cash machine.“ Huong: „No love me.“

Wie passend schreibt die TAZ, dass das „Jahr des Drachen“ auf unbedarfte Weise eher klischeehaft wirkt, aber – so verstehe ich den Artikel – wohl noch nicht rassistisch.

Warum werden eigentlich keine Lösungen außerhalb der bürgerlichen Gedanken- und Normenwelt, etwa als Ménage à trois im Sinne Heiner Müllers, wie er sie Film „Keine Hand wäscht die andere“ aufzeigt. Die Sonne und Farbigkeit Südostasiens hätten Thomas Eichners Frau zur Genesung ebenso gut getan. Übrigens kommt auch im Film „Keine Hand wäscht die andere“ die Hauptdarstellerin durch einen Verkehrsunfall ums Leben.

Der Film „Jahr des Drachen“ wäre in diesem Blog kaum erwähnt worden, hätte er nicht zum Ende noch einen spannenden Moment und eine Überraschung geboten. Bei der Beerdigung von Huong in Vietnam wird ein berühmtes taiwanisches Lied, nämlich 高山青 („Grüne hohe Berge“), auch bekannt unter 阿里山的姑娘 („Mädchen von Alishan“), gespielt - so ungefähr im Stil einer malaysischen Militärkapelle.

Überhaupt kein Grund zur Trauer in Taiwan, wenn die schönen Mädchen von Alishan die hohen grünen Berge besingen.

Aber wie wurde das berühmte Volkslied zur Beerdigungsmusik in Vietnam? Oder haben die deutschen Filmemacher lediglich verschiedene Aufnahmeszene aus Saigon ohne Zusammenhang und tieferes Nachdenken zusammengeschnitten? Wir sollten beim nächsten Besuch des neu eröffneten Sushi-Restaurants „Anh & Em“ den freundlichen Wirt, der vietnamesische Vorfahren hat, fragen.

Einfahrt zu einem freundlichen und angenehmen Gästehaus in Osttaiwan. Zwischenmenschliche Beziehungen und Hochzeiten gibt es nicht nur zwischen Deutschland und Vietnam sondern auch zwischen Taiwanern und Vietnamesen. Hier kommt die Chefin aus Vietnam und serviert leckere Nudelsuppen nach Rezepten aus der alten Heimat zum Frühstück.

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