Dienstag, 29. April 2014

Im Zentrum der Macht

Aufgeräumte Baustelle mit Käsekuchen

Sogar chinesischsprachige Medien berichteten darüber, dass Berlin etwa 2 Millionen Besucher an den Ostertagen erwartete. Dementsprechend voll war es zwischen Kurfürstendamm und Alexanderplatz. Ein scheinbar endloser Strom von Asiaten, Süd- und Nordamerikanern, Holländern, Italienern, Osteuropäern, Inländern aller Dialekte und sonstiger „Turistas“ in Doppeldeckerbussen, per Pedes, in U- und S-Bahnen bewegte sich über die ausgetretenen Pfade der Neugierigen in Berlin. Auch Luo You tauchte an diesen Tagen in die deutsche Metropole ein.

Ruhig und aufgeräumt wirkt zwischen modernen Monumentalbauten, Beton und Schotterwegen das Bundeskanzleramt, in dem die für einige Menschen als mächtigste Frau der Welt geltende Regierungschefin ihren Sitz hat. Es sind Osterferien. Nur die Schweizer Botschaft zeigt mit großer Flagge Präsenz im Spreebogen.

Eine Kultur der Vielfalt – Italienisches Speiseeis mit Parkschein belegt vor dem würdevoll-historischen Ort wie offen und locker Deutschland geworden ist. Optimal am Trampelpfad zwischen dem neuen Hauptbahnhof und dem Brandenburger Tor gelegen sind bei heißem Wetter beste Umsätze garantiert. Im Hintergrund demonstrieren einige Staatenlose mit russischer Flagge gegen ihre Staatenlosigkeit und wie selig das politische Leben in Deutschland ist: keine Sonnenblumenbewegung, kein Maidan (Майдан Незалежності), kein Erdogan, keine bizarren Todesurteile gegen Moslembrüder trüben die heile Welt.

Eine Ex-Ministerin und Bundestagsabgeordnete plaudert vor leuchtenden Teletubby-Tulpen am Pariser Platz. Kann der politische Frühling schöner sein?

Sogar die Brüder und Schwestern aus der Volksrepublik finden ihre politische Heimat in Berlin. Der Kommunismus lebt! Obwohl das Marx-Engels-Forum 2010 aus seiner zentralen Position in die Ecke geschoben wurde und heute nach Westen statt nach Osten blickt, wird es dennoch gut in der Mitte Berlins gefunden. Es bleibt abzuwarten, in welcher Weise der Westen genüsslich-zerstörisch, den Sieg langsam und voll auskostend - wie bei der Demontage des Palastes der Republik - mit den Skulpturengruppe als Relikt der verhassten DDR umgehen wird.

Wenn etwa 2018 das neue Berliner Stadtschloss voll errichtet ist, sollte es an die Gestaltung des Umfeldes gehen. Zur Zeit wächst noch der Rohbau, damit die potenten monarchistischen Ziele in dieser Gesellschaft angemessen stark materialisiert werden können. Adel gibt es noch genug in Deutschland, der über Grundeigentum und Beziehungen von Generationen aus ruhmvoller Vergangenheit, etwas versteckt an vielen Orten politisch maßgeblich die Fäden ziehen kann. Die temporäre Humboldt-Box mit Ausstellungsräumen, Café und Restaurant im obersten Geschoss lässt vor der Baustelle die künftigen Proportionen des Baukörpers erahnen. Das Schloss wird etwas höher als die Box und den Stadtraum zwischen Berliner Dom, alten Museum und Zeughaus schließen. Das ethnologische Museum, was sich heute in Dahlem befindet soll unter anderem die Räumlichkeiten im neuen Schloss nutzen.

Luo Yous Meinung ist: Baukörper ja, Schloss nein. Zwar habe ich jetzt schon freiwillig durch das Eintrittsgeld und den Verzehr in der Humboldt-Box, aber dies geschah nur aus Neugierde und Wissendrang, aber in keiner Weise aus dem Willen heraus dieses rückwärts gewandte Gebilde finanziell fördern zu wollen.

Mit der Sprengung des Stadtschlosses ist seine Entwicklung abgeschlossen gewesen. Tote soll man nicht wieder zum Leben erwecken wollen. Heraus kommt nur ein Frankenstein. Jetzt fehlte nur noch Marx und Engels, so wie es diesem Herrn erging, einzuschmelzen und einen Kaiser Wilhelm daraus zu machen.

Wäre es dann nicht auch angemessen dem Adel die feste politische Rolle wiederzugeben, die er über Jahrtausende in Deutschland hatte? Ein politisches Staatsoberhaupt zu installieren, dass von Geburt an auf diese schwere Aufgabe professionell vorbereitet wird und den Job nicht bereits ruhestandsfähigen, berufsfremden Seiteneinsteigern zu überlassen?

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