Begegnung mit Taiwans Filmkunst
Wei Te-Sheng, der Regisseur der Filme „Cape No. 7‟ und „Seediq Bale‟ sowie Produzent und einer der Drehbuchverfasser des Baseball-Epos Kano, besuchte Düsseldorf heute anläßlich der Aufführung des letzgenannten Werks und präsentierte sich der Öffentlichkeit.
Internationales Flair und reichlich Betrieb in Düsseldorfs beliebter Babbelteestube „BoboQ‟. Sherman Laobon hatte gut zu tun, wofür auch das schöne Aprilwetter der letzten Wochen sorgte. Er verkaufte die Kinokarten für „Kano‟, daher ist Filmposter im Hintergrund zu sehen.
Glück gehabt, denn die beste Ehefrau von allen konnte im „BoboQ‟ noch zwei Tickets für die Aufführung von „Kano‟ erwerben.
Der UFA-Palast in Düsseldorf wartet auf fast 300 am taiwanischen Film interessierte Menschen. Als die Vorsitzende des Taiwanvereins die Stimmer erhob und auf Mandarin begrüßte, fragte mich mein Sitznachbar, der nette Herr mit Gesichtstätowierung, der seinen Hut mit Totenkopfsticker so auf die Balustrade gelegt hatte, dass für mich fast das untere Viertel der Leinwand verdeckt war: „Äwenndjerr in deutsch?‟. „Wie bitte? Nein, Kano in Japanisch, Taiwanisch, Hakka und Ureinwohnersprachen mit englischen Untertiteln.‟ „Kino 7?‟ „Nein hier ist Kino 6. Die 7 ist nebenan.‟ Er sprang auf, nahm Hut und Mantel und verschwand rennend. Statt des Totenkopfmanns erschien Sekunden später als Sitznachbar ein befreundeter Musiker taiwanischer Herkunft. Wieder Glück gehabt!
Freie Sicht auf den Meister. Wei Te-Sheng wünscht dem Publikum angenehme Unterhaltung mit dem von ihm produzierten Film.
Zum Film selber hat bereits Klaus Bardenhagen geschrieben, wobei er in seinen Ausführungen die Rolle des japanischen Ingenieurs Yoichi Hatta herausstellt. Interessant finde ich seinen Vergleich der taiwanischen Baseball-Geschichte mit dem „Wunder von Bern‟. Sicherlich muss der Erfolg des Teams von der Insel Taiwan, aus der südlichen Provinzstadt Kagi, heute Chiayi, damals für die Menschen eine ähnliche Wirkung gehabt haben.
Taiwan ist vernarrt in Baseball und das wohl nicht erst mit dem Auftreten der US-Amerikaner in der Region nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Die Leidenschaft geht bis in die japanische Kolonialzeit zurück.
Meine Frau empfand die Geschichte als sehr japanisch, der Durchhaltewille, der Zusammenhalt und die Moral, die zum Tragen kommt. Mit europäischen Augen fällt es etwas schwerer die Multiethnik zu verstehen, die der Film als eine Botschaft haben soll. „Das sind doch alles Asiaten‟, denkt Luo You. Japaner, Han-Chinesen, Hakka und Ureinwohner sind mit platten westlichen Blick kaum zu unterscheiden. „Anders rum genauso‟, erwidert die beste Ehefrau zu Luo You. „Manche deiner Verwandten könnten mit ihren schwarzen Haaren, braunen Augen und dunkleren Haut auch als Türken durchgehen.‟ Überhaupt war es schwierig, meiner Frau in den ersten Jahren den (visuellen) Unterschied zwischen Altdeutschen und Zugewanderten zu verdeutlichen.
Mit der Geschichte des Baseball-Teams von „Kano‟ (als Abkürzung von „Kagi Agriculture‟) wird aus meiner Sicht wieder versucht, das Besondere und Eigenständige der taiwanischen Gesellschaft herauszuarbeiten. Baseball, die japanische Kolonialgeschichte und die, wenn auch erzwungene, Teilhabe der Bevölkerung auf Seiten Japans im zweiten Weltkrieg, eine Vielfalt von Sprachen, dem das Mandarin nicht fehlte, um sich zu verständigen, sind Eigenschaften, die Taiwan von China absetzen. Genauso werden Fakten gezeigt, womit sich Taiwans Bevölkerung von Japan distanziert, wie der Volksglaube, das soziale Zusammenleben und die subtropische Agrargesellschaft mit ihren besonderen Nöten, Wünschen und Ergebnissen. Insofern wird von den Filmemachern ein neuer protaiwanischer Kultur-Baustein gesetzt.
Aber es ist auch ein bischen „Hollywood‟, wenn die Guten gegen die Bösen kämpfen. Diskriminierung aufgrund der unterschiedlichen Herkunft unterliegt am Ende. Rohe Gewalt beugt sich dem edlen Kampf auf dem Baseball-Feld. Teamgeist schlägt den Eigensinn. Das mögen wir. Und so vergehen relativ kurzweilig über drei Filmstunden.
Danach gab es noch Gelegenheit zum Gespräch mit dem Meisterregisseur, Signieren von Autogrammkarten, mitgebrachten DVDs oder für gemeinsame Fotos.
Diese Gelegenheit zum Fotografieren und Signieren haben wir gerne genutzt. Nach Steven Spielberg (als Statist bei den Dreharbeiten zu „The Last Crusade‟ in Spanien), Christoph Schlingensief (Volksbühne Berlin) und Berengar Pfahl ist Wei Te-Sheng nunmehr der vierte und gewiss der unauffälligste Filmregisseur, dem ich in meinem Leben Gesicht-zu-Gesicht gegenüber gestanden habe. Jedenfalls tragen jetzt unsere DVD-Schachteln seine Signatur.
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