Club Sandwich & Reis
Ab einem gewissen Alter scheint die Lust auf Abenteuer beim Essensgenuss zurück zu gehen. Vielleicht bestand diese Abenteuerlust niemals bei einigen Menschen. Was einem als Kind zum Mund geführt wird, bleibt bis zum Ende die bevorzugte Nahrung und nichts anderes.
Als meine Schwiegermutter vor einigen Jahren Deutschland bereiste, war klar, dass der Weg regelmäßig in die überwiegend von Vietnamnesen geführten deutschen Chinarestaurants ging. Nur keine Experimente für Zunge und Magen im Barbarenland! Als sicherstes Gericht auf der Speisekarte, bei dem die Küche wenig falsch machen kann, galt der gebratene Reis. Reis ist Grundnahrungsmittel, Gemüse, Eier und eventuelle eingestreute Schrimps oder Hähnchenfleisch sind auch als verträglich bekannt. So wurde dieses Gericht stets bestellt, wenn es nicht das befremdliche deutsche Frühstück mit den harten Brötchen und wenig warmer Kost gab.
Und umgekehrt? Favorit der Schwiegermutter meiner Ehefrau wurde das „Club Sandwich“ oder frei aus dem chinesischen übersetzt das „Sandwich komplett“. Das sieht zunächst recht einfach und gut aus, was da die Hotelküche zu einem günstigen Preis und mit geringen Aufschlag in das geräumige Hotelzimmer liefert. Käse, frischer Eisbergsalat, Tomaten und Gurken, Schinkenspeck und Ei machen eine runde Mahlzeit daraus. In vier Dreiecke geschnitten und mit Pommes in der Mitte gefüllt wirkt der Teller hübsch arrangiert. Alles schmeckt sehr lecker. Mir ist es bisher noch nicht gelungen, dass in Deutschland so köstlich nachzubauen, obwohl auch hier alle Zutaten vorhanden sein sollten.
Jeden Abend Begeisterung über „Club Sandwich“ auf dem Zimmer war für meine Frau ein eher erschreckendes Szenario. Wer als Taiwaner etliche Monate in der kulinarischen Wüste Deutschlands verbracht hatte, dürstete nach der Vielfalt und den Genüssen der Küchen in der Heimat. So konnten doch Alternativen gefunden werden, die dem „Club Sandwich“ in nichts nachstanden. Umgekehrt hätte das in Deutschland mit meiner Schwiegermutter und dem bewährten gebratenen Reis bestimmt nicht funktioniert.
Kein Essen für die deutsche Schwiegermutter der Ehefrau: das chinesisches Frühstück. Neben dem Reisbrei (Zhōu / 粥 oder auf Englisch „Congee“), hier bestreut mit getrockneten und geschredderten Schweinefleisch, gibt es eingelegte Gurkenscheiben, Bambusstreifen in Chiliöl, aus Tofu den getrockneten Dòugān (豆乾) und süßen Dòuzǎo (豆棗), den weicheren Gluten mit Erdnüssen, zudem geröstete Erdnüsse, Gemüse wie Mangold, Sellerie oder Kohl, die hellen Reisbrötchen Mántou (饅頭) sowie Teigbällchen mit Fleischfüllung und vieles mehr. Dazu gibt es einen Becher mit leckerer, rein pflanzlicher Sojamilch.
So war es für die Schwiegermutter meiner Frau gut, dass es beim Hotelbuffet auch Toast mit Schinken und Rührei oder Käse, Croissants mit Erdbeermarmelade, Butter von Oldenburg oder aus Neuseeland sowie Salate, Obst und Müsli gab.
Eigentlich dürften alle Gästehäuser und Hotels heute über einen Kaffeeautomaten meistens schweizerischer Herkunft verfügen, der den Kaffee amerikanisch, manchmal als Capuccino oder Lattee, wenn eine gekühlte Milchbox angeschlossen ist, frisch aufbrüht. Die Zeiten abgestandenen und bitteren Kaffees aus der Glaskanne oder süßen Pulverkaffee mit Milch aus der Fertigmischung 3-in-1 sollten vorbei sein, abgesehen von den Motels und einigen Jugendherbergen.
Diese Entwicklung gefördert haben neben der veränderten Nachfrage der Taiwaner auch die „Convience Stores“. Nach dem Starter Starbucks haben 7Eleven und Co mit ihren Café-Angeboten in den vergangenen Jahren Standards geschaffen, die kaum ein Gastronomiebetrieb ignorieren kann. Es ist heute schon sehr ungewöhnlich in einer Herberge gar keinen Kaffee zu bekommen.
Ich kann mich allerdings an einen Aufenthalt in Alishan im April 2005 erinnern, wo der erste Weg aus dem Hotel morgens in eine Bar führte, um einen richtigen Kaffee zum oder besser direkt nach dem eigentlichen Frühstück zu bekommen. Das Heißgetränk ist für die meisten Deutschen eben ein „Muß“ am Morgen und komplettiert den Tag.
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