Mit guter Schrift- und Sprachkunde kommt man weiter
Hier kommt noch eine Tierparkgeschichte aus der „Fauna‟ in Solingen-Gräfrath.
Die folgende Szene im Bild macht deutlich, wie wichtig es ist, die Sprache seiner Umwelt zu beherrschen. „Die Geschichte Taiwans‟ von Oskar Weggel, die ich in der Ausgabe von 1991 während der letzten Tage las, führte mich zu der Assoziation, dass der Xiǎo de péng-yǒu‟(小的朋友), der kleine Freund, wie Kinder schon mal in Taiwan genannt werden, in einer ähnlichen Situation steckt, wie die Holländer im Jahr 1661 in Taiwan.
Zunächst sind Weggels Darstellungen der Geschichte Taiwans sehr detailliert und wirklich lesenswert, wenn ich auch nicht allen Thesen folgen kann. Hier wäre zu hinterfragen, ob diese mit unserer Sichtweise im Jahr 2014 noch so gehalten werden können. Ob beispielsweise der Candidius-See, von den Ureinwohnern so getauft wurde, weil die holländischen Missionare so beliebt waren, ist meiner Meinung nach schwer vorstellbar. Mal schauen, was die Menschen vom Stamm der Thao sagen, wenn Luo You sie im kommenden Januar danach befragt.
Rechts steht der Junge, der noch die Mütze aufhat, wie einst die Offiziellen der Vereinigten Ostindischen Companie den Gouverneurshut von Formosa. Diese niederländische Handels- und Militärorganisation beherrschte die Insel von 1624 bis 1662. Links liegt in der Vorstellung das chinesische Festland. Die Lamas symbolisieren das am Handel mit den Holländern interessierte China. Im Tierpark geht es um den Austausch von leckerem Futter gegen Zuwendung. Das Lama, das der fütternden Hand am nächsten ist, ist Armeeführer und Territorialherrscher Zhèng Chéng-Gōng (鄭成功) oder verwestlicht mit seinem Ehrennamen Koxinga ( 國姓爺 oder Guó Xìng Yé).
Koxinga, als Getreuer des untergehenden Ming-Kaiserhofs, stand nach einer militärischen Niederlage auf dem Festland unter Druck. Die angreifenden Mandschu trieben China in der Zeit zur neuen Qing-Dynastie.
Wer lesen und verstehen kann, ist klar im Vorteil. Dieses Wissen haben die alten Holländer auf Taiwan lernen müssen. Hätten sie chinesisch verstehen und lesen können, wäre das Desaster von 1661 / 1662 mit einer erfolgreichen Invasion Koxingas und Vertreibung der Holländer vermutlich so nicht passiert.
Aber die Holländer standen ihrem Übersetzer und Unterhändler He Tingbin (何廷斌) zwar mißtrauisch gegenüber, aber sahen wohl keine Alternative zu ihm.
So konnte He Tingbin (何廷斌) ein doppeltes Spiel treiben. Während er Koxinga suggerierte, dass die Niederlande ihm gegenüber ihre Tributpflicht anerkannten, erklärte er den Holländern, dass die flaue Handelsbeziehung aufgrund der Antipathie gegenüber dem vormaligen Gouverneur entstanden wäre. Dabei nahm er einen extra Handelszoll im Namen der Koxingas neben der niederländischen Abgabe von den chinesischen Schiffen, die Taiwan verließen. Koxinga stelle Tingbin Taiwan als fruchtbares Eiland mit Potenzial darstellte; die Eingeborenen würden nur auf eine Befreiung von den Holländern warten. Die Niederländer hingegen wussten nichts von den Treffen zwischen Tingbin und Koxinga.
Wichtige Dokumente lesen und verstehen zu können, ermöglicht es, sich auf Attacken vorzubereiten, diplomatisch zu reagieren, beziehungsweise eine Verteidigung aufzubauen oder Verstärkung zu holen.
Bei dem Jungen im Tierpark blieb trotz Annäherung an das rebellische Lama die Mütze auf dem Kopf. Hätte er den Hinweis lesen könnte, wäre die Mütze bei den nur wenige Meter entfernt stehenden Eltern der sichere Aufenthaltsort gewesen.
Die Holländer aber verloren die Oberherrschaft über Taiwan für immer. Frühzeitiges Verhandeln und Absichern der Position schied aus, Verstärkung und Nachschub zur Verteidigung kam nicht mehr an.
Vielleicht ist es auch deshalb für Taiwan und die Taiwaner so wichtig, Sprachen früh zu lernen, im Ausland zu studieren und sich international zu öffnen. Keine mangelhafte oder ausgebliebene Kommunikation soll dazu führen, dass die Insel wieder verloren geht.
Großartig!
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