Samstag, 30. Mai 2015

Fußmassage

Nach dem Motto: Das können wir doch besser!

Kaum eine Parkanlage in Taiwan verfügt nicht über einen kleinen Parcours mit herausstehenden Kieselsteinen. Die l-förmige Anlage im obigen Bild am Lotus-See in Kaohsiung wurde von mir bereits im Dezember 2004 dokumentiert.

In Asien sind Massagen beliebt und werden als besonders gesundheitsfördernd werden. Daher wurden viele solcher Anlagen eingerichtet. Mit nackten Füßen soll beim Begehen der welligen Oberflächen mit wechselnden Belastungssituationen für die Sohle eine stimulierende Massagewirkung auf verschiedene Fußregionen erreicht werden. Ausprobiert habe ich das selber noch nie. Ich gehöre nicht zu den klassischen Barfußgängern. Das sind mehr die Taiwaner, die in ihrer subtropischen Klimazone sich gerne dem Fuß-Nudismus hingeben. Das führt dann zu etwas derberen Fußunterseiten als im stärker fußsensiblen Mitteleuropa. Die einmalige Testbegehung erscheint mir nicht so sinnig und genußversprechend. Wirkliche gesundheitsfördernde Effekte sind vermutlich auch nur bei regelmäßiger Nutzung der Kieselstrecke zu erwarten. Ob es eine Studie zu den Wirkungen gibt?

Daran, irgendwelche Nachahmerprojekte in Deutschland gesehen zu haben, kann ich mich nicht erinnern. Vielleicht gab es mal etwas auf einem Landes- oder Bundesgartenschaugelände.

Aber jetzt habe ich einen Beleg! Wir haben das auch in Deutschland und sogar besser, von wegen kleine Minikiesel aus Beton gewaschen mit Ruhebank. Im Staatsbad Oeynhausen wird mit soliden Bruchsteinen und harten Stahl gearbeitet. Da kommt doch richtige Fußfreude auf!

Wenigsten konnten nach der Internetrecherche die Geocacher zur Aufklärung beitragen, dass die Installationen dann doch weniger der Fussmassage dienen sollen, als vielmehr die (geologischen) Verwerfungen in Bad Oeynhausen - als Kunst ausformuliert - aufnehmen und darstellen.

Montag, 25. Mai 2015

Cloud Gate in Wolfsburg

Tanztheater statt Fertigrasen

Noch ein Top-Kulturschaffender Taiwans war in Deutschland. Und wieder gab es die Chance, ihn zu sehen!

Auf der Rückreise von Berlin im April 2014 diskutierte ich mit meiner Frau im Zug, ob Fertigrasen in einem rückwärtigen Teil unseres Gartens gedeihen kann. Meiner Auffassung und allen Fachinformationen nach, ist Rasen in trockener Hanglage unter großen Bäumen das völlig falsche Gewächs. Ein Versuch mit einer Ansaat war schon gescheitert. Efeu, Storchenschnabel und andere schattenverträgliche Stauden, die auch Trockenzeiten überleben, sind das einzig geeignete Pflanzenmaterial zur Begrünung eines solchen Biotops. Meine Frau gehört zu den Taiwanerinnen, die sich durch Fakten nicht verwirren lassen. Und so wetteten wir beim Halt des ICE in Wolfsburg vor der im Sonnenschein strahlenden Autostadt und dem Erfolg, wie Selbstvertrauen verströmenden VW-Werk, um einen Kurzurlaub in der „Erlebnisstadt″.

Das VW-Werk und die Autostadt lockten. Die Blick aus dem ICE reizte zum Kurzurlaub im Zonenrandgebiet der niedersächsischen Provinz.

Natürlich scheiterte der Fertigrasenversuch. Der Rollrasenbauer hatte zwar gewarnt und gab schon den Tip, wenn er eingeht, können wir wieder bei ihm neue Matten kaufen. Wer nicht hören will, …. Naja, es lag es am falschen Boden, auf dem der Rasen angezüchtet war, oder am fehlerhaften Einbau durch den Ehemann, dass das geschlossene, satte Grün sich nach einigen Wochen rasch zurückzog und nur eine dunkle Bodenkrume blieb. Am Himmelfahrts-Wochenende 2015 bot jedenfalls das Programm in der Autostadt die beste Gelegenheit, die verlorene Wette einzulösen.

Dabei konnte ich auch nach Massimo Vitalis Fotostandpunkt in der Autostadt Ausschau halten. Wie absurd wir unsere Umwelt gestalten!

In der Volkswagens Kinderfahrschule werden den Kleinen die richtigen Marken nahegebracht, der Wunsch nach einem fetten Touareg oder Tiguan implantiert und Toleranz für Staus und die sensible Anfälligkeit unseres niedrigintelligenten, geradezu schwachsinnigen Verkehrssystems frühzeitigst eingeübt. Sprich: ein Unfall, ein Fehlverhaltens eines Verkehrsteilnehmers, irgendwo auf einer Autobahn in der Region reicht, um Hundertausenden von Menschen Stunden zu nehmen, Blechlawinen über die verworrendsten Wege zu schicken und die Hilflosigkeit dieser Gesellschaft bereits bei Alltäglichkeiten vorzuführen.

Der taiwanische Tänzer, Schriftsteller und Choreograf Lin Hwai-Min (林懷民) gastierte mit seinem „Cloud Gate″ Tanztheater beim Festival „Movimentos″ in der Wolfsburger Autostadt. Es gab vier Auftritte, davon zwei mit dem Werk „Reis″.

Ort der Aufführung mit feinster illuminierter Industriearchitektur war im umgestalteten ehemaligen Kraftwerk Süd, direkt am Mittellandkanal und ehemaligen Hafenbecken des VW-Werks in Wolfsburg gelegen.

Die Einführung gaben der künstlerische Leiter des Festivals Bernd Kauffmann und als Kulturberater Jürgen Wilcke.

Nach der ersten Worten durch Kauffmann referierte Wilcke über Lin Hwai-Min, und Taiwan. Einige kleine Irrtümer zu Taiwan in seinem Vortage konnte ich ignorieren, besonders da meiner Frau seine Präsentation gut gefiel. Nun sind das Verhältnis Taiwan – China – Deutschland und die Geschichte der Pazifikinsel auch nicht einfach. Und so ein Kulturberater soll bei so einem umfangreichen Festivalprogramm die vielfältigsten Themenbereiche abdecken, was schon beachtlich ist. Angesichts des schönen Abends und der Aufführung des Tanztheaters sind die kleinen Fehlerchen für mich bereits in Vergessenheit geraten.

Bernd Kauffmann konzentrierte sich auf das Werk selber. Der Reis, das wohl wichtigste Lebensmittel Asiens, steht im Mittelpunkt des Stücks. Lin Hwai-Min schaut nach Osttaiwan, auf Chihshang, wo seit sehr langer Zeit hochwertige Reis angebaut wird. Das Werden der Frucht, der Wechsel auf dem Feld, die Arbeit der Menschen und ihr Verhältnis zum natürlichen Prozess waren im Stück gut angesichts der Ausführungen von Kauffmann nachzuvollziehen. Sicher hat jeder seine eigene Interpretation und Sichtweise, was die die gezeigten Szene betrifft. Das muss nach nicht unbedingt in jedem Punkt der Auslegung Kauffmanns fogen, was auch okay ist. Jedenfalls waren wir froh, die Einleitung als Orientierung und durchaus auch spätere Grundlage für die eigenen Diskussionen mitbekommen zu haben.

Selbstredend waren alle Sitze ausverhauft.

Die Taiwan-Gemeinschaft in Deutschland trat aber nicht so Erscheinung, wie dies vielleicht an Veranstaltungsorten wie Berlin oder Düsseldorf der Fall gewesen wäre. Die asiatischen Besucher mit denen wir Kontakt hatten, so beim Frühstück im Hotel, stammten aus China. Dabei fällt auf, dass die jüngere chinesische Generation kaum noch von den Taiwanern in ihrer Altergruppe zu unterscheiden ist.


Mitschnitte aus der Aufführung „Reis″ zeigt die Autostadt über Youtube. Die Nähe und Qualität der Aufnahme spricht dafür, bei der Sitzplatzwahl nicht zu sparsam zu sein.

Langanhaltender Applaus für Lin Hwai-Min und das Ensemble zum Ende. Eine Pause gab es nicht. Die hätte auch den Fluss im Spiel und den Spannungsbogen unangenehm unterbrochen.

Das „Cloud Gate Dance Theatre Of Taiwan″ verabschiedete sich mit dieser Aufführung aus Wolfsburg.

Im April 2015 wurde dasCloud Gate Theater in Tamsui neu eingeweiht. Aus der Erfahrung meiner Jahre in Wuppertal, als Pina Bausch noch lebte, dürfte es schwierig sein, für ein international so erfolgreiches Tanztheater, das ständig auf dem ganzen Erdball gefragt und unterwegs ist, in der Heimatstadt, wo viel geübt und vorbereitet, wird Karten zu bekommen. Aber Ausstellungen und Gastspiele, die Lage und Architektur des Gebäudes können schon ein Grund sein, sich wieder auf den Weg nach Tamsui zu begeben.

Eine bequeme Rückfahrt bot die Fähre für die Theaterbesucher über den Mittellandkanal. Ohne lange Fußwege waren Zentrum und Parkplätze am Bahnhof schnell erreichbar. Genauso erfreulich war, dass vom Fussballspiele zwischen dem Vfl Wolfsburg und Borussia Dortmund nicht die von uns erwartete Spur der Verwüstung zurück geblieben war.

Alte Käfer begleiteten unsere Rückfahrt auf der ehemaligen Reichsautobahn. Die Brezelfenstervereinigung hatte das Wochenende zum Frühjahrstreffen in Wolfsburg genutzt.

Samstag, 23. Mai 2015

Von Waldmöpsen und Jägermeistern

Taiwan – Grüne Insel im Taifun

Vor einigen Tagen wurde eine interessante TV-Produktion aus dem Jahr 2004 wiederholt. „Taiwan – Grüne Insel im Taifun‟ lautete der Titel der Fernsehsendung über die Natur und das Tierleben auf der subtropischen Insel. Der Betrachter fühlte sich fast in das unberührte Taiwan des 17. Jahrhunderts zurück versetzt, bevor die Holländer mit einer systematischen Siedlungspolitik auf dem Eiland begannen. Wenig ist vom technisierten und lebenfeindlichen Gewusel in Taiwans Städten zu sehen.


Die knapp 45 Minuten sind auch über Youtube verfügbar. So schön kann Taiwan sein.

Der Gedanke an Loriots Waldmöpse, denen kürzlich in Brandenburg ein Denkmal gewidmet wurde, liegt beim Anblick von Taiwans Mini-Rehen oder Bergschafen, nahe.

Meine eigene Begegnung mit dem Shān Qiāng (山羌), Muntiacus reevesi micrurus), dem scheuen Waldtier, unerwartet auf Kaohsiungs Affenberg im Frühjahr 2004.

Mit meiner ersten Einschätzung als Shān Yáng (台灣長鬃山羊, Taiwan-Serau, Naemorhedus swinhoei oder Capricornis swinhoei) lag ich ziemlich daneben. Da hat mich wohl der taiwanische Akzent im Mandarin-Chinesisch der besten Ehefrau von allen fehlgeleitet, höhm. Shān Qiāng und Shān Yáng liegen nun wirklich dicht zusammen. Hilfreich bei der Klärung war die Liste geschützter Arten auf Taiwan in Wikipedia. Bei der westlichen Namensnennung hat wieder Konsul Swinhoe die Chance ergriffen, der Tierart seinen Namen aufdrückt und versucht, sich zu verewigen. Das Shān Qiāng hört hingegen auf den Namen John Reeves, einem Naturforscher und Teeinspektor der Britisch East India Company, der 19 Jahre in China arbeitete.

Ebenfalls ziemlich scheu ist der Sikahirsch, den es sich zwar auch im Sauerland eingebürgert hat, aber in seinen ursprünglichen taiwanischen Habitaten vom Aussterben bedroht ist. Das Wild kam hier besser vor die Kamera, da es im Gehege auf dem Gelände des Sisal-Museum von Hengchuen nicht weglaufen konnte. Dem Thema „Evolution und Sikahirsch″ hatte ich mich schon einmal hier aus anderer Perspektive nach dem Besuch des nationalen Museums für Meeresbiologie, auch in Hengchuen, angenähert.

Wahrscheinlich beruht die Gefahr auf Taiwan zu verschwinden, wie so oft bei gefährdeten Arten, darauf, dass der Sikahirsch einfach zu zu lecker. Dazu passt gut der Artikel aus „Taiwan Heute″ , der Eßgewohnheiten und ein mangelndes Bewußtsein für die Bedrohung der Tierwelt Taiwans anspricht. Mir selbst wurden Jagdgeschichten von unserem Unterkunftgeber in Osttaiwan berichtet, wo die lokale Bevölkerung vor allem zum Zeitvertreib Flughunden nachstellt. Es gibt eine bejagbare Arte und eine geschützte Art von Flughunden. Leider sind die Unterschiede zwischen den Arten sehr gering und erst dann feststellen, wenn das Tier erlegt ist.

Der Hirsch des „Jägermeisters‟ findet sich in verschiedenen Bars auf Taiwan und wird dort ansprechend präsentiert. Hier wirbt eine schlankere Variante des Hirschen als weißer Sechsender für ein Geschäft in Yuchi am Sonne-Mond-See. Nach der Legende soll eine weißer Hirsch die Jäger der Ureinwohner zu dem schönen See geführt haben, an desen Ufer der Stamm sich dann niederließ.

Wildbeobachtung vor der deutschen Haustür: Weder als Rückzüchtung noch gehörnt präsentiert sich Nachbars Rehpinscher. Aufmerksam wartet er, wer von seinen vierbeinigen Freunden als nächstes über den Weg kommt. Ihm zu folgen, um den Wohnsitz zu wechseln, lohnt nicht wirklich.