Die Insel Taiwan, die von den Portugiesen im 16. Jahrhundert „Ilha Formosa“, die schöne Insel genannt wurde, wird für den zeitgenössischen Reisenden häufig zur „Ilha Louco“.
Statt dröge beschaulicher Eisenbahnromantik für ältere Herren findet der Ferrophile auf der Suche nach den Resten von Taiwans Salzeisenbahnen zunächst sexy Cosplayers vor weißen Bergen. Wenn Märklin, Roco, Fleischmann & Co. ihre Produkte so an den Mann brächten, wären sie vielleicht nicht so hart an der Pleite vorbeigeschrammt.
Taiwaner im Schnee? Die These meines Schwiegervaters war, dass Taiwaner nicht auf Schnee leben können. Diese Auffassung wurde klar widerlegt. Sowohl eine seiner Töchter wie auch eine Enkelin verbrachten schneereiche Winter in Deutschland.
Völlig surreal wurde die Suche nach den Resten der taiwanischen Salzeisenbahnen nördlich von Tainan als dann noch der Weihnachtsmann mit seinen Rentieren erschien. Kein Zweifel: Dies muss die „Ilha Louca“ sein!
Es ist keine Schneelandschaft, die Luo You auf der subtropischen Insel umgibt, sondern es sind die Salzfelder und Salinen von Cigu.
Nachdem 1662 der Ming-Getreue Zhèng Chénggōng (鄭成功), auch Koxinga (國姓爺) genannt, die Insel den Holländern genommen hatte und Salz benötigte, begann die Salzgewinnung in den westlichen Küstengegenden von Taiwan.
Wurde früher mit Menschenkraft und Ochsenkarren das Salz abgefahren, begann in der japanischen Kolonialzeit von Taiwan ab 1895 der Transport auf den Salzfeldern mit Feldbahnen. Die Bahnlinien wurden später mit dem Schmalspurnetz der Zuckereisenbahnen verbunden. 1952 wurde das Netz der Salzeisenbahnen mit US-Krediten in Budai (布袋) und Cigu (七股) erneuert. Die Bahnen dienten sogar dem Personenverkehr, etwa um Schüler zu ihren Ausbildungsstätten zu bringen.
Eisenbahnnetze bestanden auf den Salzfeldern von
Budai (布袋), wie auf der Seite von Su I-Jaw dargestellt, und
Cigu (七股), wie hier enthalten. In diesem Ort befindet sich auch das heutige Salzmuseum Taiwans, welches die Geschichte dieses Produktions- und Erwerbszweig zu bewahren versucht.
Seit den 1970er Jahren wurden aus wirtschaftlichen Überlegungen verstärkt Lastkraftwagenzum Salztransport eingesetzt. Ab 1969 begann der Import von Industriesalz nach Taiwan. Damit wurde der Niedergang der klassischen taiwanischen Salzproduktion eingeläutet. Trotz aller Rationalisierungsbemühungen war die heimische Salzproduktion vor allem wegen der Kostenstruktur und ungünstiger Wetterbedingungen nicht mehr wettbewerbsfähig.
Eingestellt wurde 2002 nach 338 Jahren Betrieb die mechanische Salzproduktion in Cigu (七股). Auch heute wird noch in Taiwan Salz hergestellt. Produktionsstätte ist insbesondere in der Fabrik von Taiyen oder Taiwan Salt (台鹽) in Tunghsiao (通霄), die mittels Elektrodialyse Salz gewinnt. Ansonsten wird das meiste in Taiwan benötigten Salz über den Hafen in Taichung aus Australien eingeführt.
So sind von den Salzeisenbahnen nur korrodierte Relikte und Denkmäler, Dokumente und Museumsstücke in einer fremdartigen vom Menschen geformten Landschaft übrig geblieben, die Wandel und Vergänglichkeit repräsentieren, aber trotzdem die Freude an einer spaßigen Gegenwart und Neugier auf kommende Skurilitäten in der Zukunft erlauben.
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