Samstag, 14. Dezember 2013

Taiwan vor 10 Jahren

Dritte Reise auf die „Ilha Formosa“

Die ersten Digitalbilder von Taiwan entstanden für mich mit der Kamera, einer Fuji, die meine damalige Freundin und heutige Frau auf einer Tombola gewonnen hatte. Auch durch andere gesellschaftliche Ereignisse entstand bei mir der Eindruck, dass bei Verlosungen mit Taiwanern immer äußerst üppige Gewinne winken.

Bei meiner dritten Reise nach Taiwan erreichte ich im Dezember 2003 Taipei. Damals stand noch ein gigantischer Bauaufzug neben dem „Taipei 101“, aber das Einkaufszentrum in dem Hochhaus war bereits eröffnet.

Noch keine Chance zum Wolkenstürmen und auch kein Neujahrsfeuerwerk zum Jahrswechsel 2003 / 2004 – das damals höchste Gebäuder der Welt, das „Taipei 101“, in der Bauphase.

Winterwetter in Taiwans Nordosten – Ein Ausflug führte mich in die Gegend von Ruifang (瑞芳) und der Goldgräberstadt Juifen (九份) .

Eigentliches Ziel war das aufgelassene Kohlenbergbaugebiet um Pingshi (平溪‎). Beim Anblick all dieser Relikte geht dem Kind des Ruhrgebietes gleich das Herz auf.

Klar, für den Eisenbahn-Aficionado stand natürlich die Bahnlinie von Rueifang nach Chingtung oder Jingtong (菁桐) im Mittelpunkt der Betrachtung.

Das historische Bahngebäude von Jingtong (菁桐) ist sehr schön hergerichtet und beinhaltete damals eine Ausstellung. Mit den zugänglichen Relikten des Bergbaus, seinen landschaftlichen Reizen und der Nähe zum Verdichtungsraum von Taipei wird die Gegend zu einem wichtigen und viel besuchten Ausflugsort.

Eine Besonderheit ist in der Mitte der Strecke die Ortsdurchfahrt des Zuges von Shífēn (十分), wo trotz moderner Triebwagen die Eisenromantik früher Jahre aufkommt. . Vergleichbar interessante Situationen finden sich in Taiwan meiner Kenntnis nach sonst nur an der Waldeisenbahn von Alishan, etwa in Shuisheliao (水社寮).

Nach den Aufenthalten in Taipei und Pingshi ging es mit der Hauptbahn durch den Westen Taiwans. Kaohsiung war das nächste Ziel. Als herausragender Besichtigungspunkt ist hier die Zuckerfabrik von Ciatou (橋頭) zu nennen. Weiter ging es danach für mich zum Sonnen-Mond-See. Die Rückweg nach Kaohsiung führte über Jiji (集集), Taichung (台中), Sanyi (三義) und Lukang (鹿港). Von Kaohsiung ging es dann wieder nach Deutschland.

Sehr authentisch wirkte die stillgelegte und gerade der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Zuckerfabrik in Ciatou (橋頭), was damals noch zum Landkreis Kaohsiung zählte. Der Landkreis ging 2010 in der Großstadt Kaohsiung auf. Hallen, Gebäude, Maschinen und die Eisenbahnfahrzeug der Zuckerfabrik waren im Dornröschenschlaf und Originalzustand. Leider ist mittlerweile die Umgebung nach dem Bau der Metro ziemlich verhunzt. Teile des Geländes wurden in Mitleidenschaft gezogen. Zudem wird versucht mit billigen Freizeitangeboten etwas Profit aus dem Gelände zu ziehen. Auch die Gestaltung zum Zuckermuseum ist dem Gesamteindruck eher abträglich. Bunte Blümchen und Kunstobjekte auf der Gleisharfe kommen einfach nicht gut. Der ins Fabrikgebäude gerammte Besuchersteg macht mehr kaputt und verfälscht den Charakter des Industriedenkmals zu erhalten. Die Loks sind draußen abgestellt, verrosten und taugen bald nur noch für „China Steel“ im Hochofen von Kaohsiung. Sehr traurig! Damals machte es jedenfalls noch Spaß, auf Entdeckungstour zu gehen und Lokführer zu spielen.

Unvermeidlicher Klassiker in vielen Touristenprogrammen ist Taiwans Sonnen-Mond-See. Glücklich sind diejenigen, die ihn mit dem richtigen Licht, Wetter und bei hohem Wasserstand erleben. Dann wirkt der See am Besten.

Zum Sonnen-Mond-See zählt natürlich auch das schönste Klohäuschen Taiwans. 2003 war es gerade frisch renoviert. Ein paar Jahre später hatte das harte subtropische Klima leider schon den weißen Anstrich gelöst.

Jiji (集集) war auch 2003 schon mehr Kirmes und Nachtmarkt als Bahnstation. Heute gibt es noch einen Ticken weniger Eisenbahnbetrieb und andererseits vielmehr Halli-Galli durch den anhaltenden Zustrom von Ausflugsbussen.

Es gibt auch schöne und interessante Orte in Taiwan ohne Touristen, so die Tunghai Universität in Taichung (台中). Neben der Kapelle, die der Architekt Ieoh Ming Pei entworfen hat, ist das städtebauliche Gesamtkonzept der Universität mit der schönen Allee äußerst sehenswert.

Mehr Eisenbahnarchälogie, mehr auf eine durch die Medien hochgepuschte Attraktion fokussierten taiwanischen Touristenmassen mit ungefähr viermal so viel oder mehr drumherum an Imbiß- und Verkaufsständen fand sich in Sanyi (三義). Neben einem stillgelegten Streckenabschnitt mit begehbaren Tunnel der Hauptbahn bestehen hier einige pittoreske Reste der Longteng-Eisenbahnbrücke, die 1935 bei einem Erdbeben zusammenkrachte.

Lukang (鹿港) lohnt den Besuch wegen seiner alten Tempel und der historischen Bausubstanz. Verkehrlich ins Abseits geraten, konnte in dieser einstmals wichtigen Hafenstadt vieles aus der - wenn auch kurzen - Historie Taiwans bewahrt werden.

Sonntag, 8. Dezember 2013

Gibt es Seniorenteller in Taiwan?

Pläne und Gedanken zum Jahreswechsel 2013 / 2014

Seit auswärtige Touristen Taiwan fluten, wird das Reisen auf der „Ilha Formosa“ zunehmend schwieriger und teurer. Diese Erkenntnis lieferte die aktuelle Reiseplanung. Zudem werden auch Weihnachten und das westliche Neujahr als besondere Ereignisse und Erlebnistage so stark angenommen, dass die Hotelpreise an den Wochenenden und Feiertagen ins Unanständige steigen.

Scheinbar spielt auch das „1314“ (一三一四 / Yī Sān Yī Sì), für junge Paare eine Rolle bei der Bedeutungssteigerung des westlichen Neujahrstages, also der Wechsel vom Jahr 2013 zum Jahr 2014. 1314 klingt so ähnlich wie Yīshēng yīshì (一生一世) und das bedeutet so viel wie „Für das ganze Leben“. Diese glücksverheißende Zahlenkombination ist auch Teil unseres aktuellen Autokennzeichens. „Aber es sind 2013 und 2014, nicht 13 und 14“, wendet Luo You ein. „Man kann sich alles herbeidichten“, erwidert die beste Ehefrau von allen.

Es hilft, sich mit Freude an die guten und günstigen frühen Jahre zu erinnern, wo noch wenige Menschen um die schönsten Unterkünfte in Taiwan konkurrierten.

Die erste Unterkunft für die Reise in der zweiten Dezemberhälfte wird am Lotus See in Kaohsiung liegen. Vom dortigen Stadtbezirk Zuoying kann bequem die Familie besucht werden. Der See selber und der benachbarte botanische Garten erlauben Spaziergänge im Grünen oder zu Tempeln und Pagoden. Eine gute Taxidichte, Bahnhöfe und Metro in der Nähe ermöglichen es das Stadtzentrum und andere interessante Ziele, wie Fo Guan Shan schnell zu erreichen.

Diesmal werden wir seniorengerecht reisen. Geht das in Taiwan, dem Land, in dem Bürgersteige eine sensationelle Innovation darstellen? Ich denke ja, es wird gehen.

Ausgebucht! Heiligabend in den Bergen von Alishan ließ sich leider nicht mehr einrichten, so beliebt ist das kleine Gästehaus der fürsorglichen Familie Qiū und Zhōng. Es wird Luo Yous dritter Ferienaufenthalt dort sein. Die Kommentare bei Tripadvisor machen auf den fehlenden Lift im Haus aufmerksam und Schwierigkeit die steile Treppe im Lebensalter über 70 zu nehmen. Wir werden uns ausreichend Zeit nehmen und mit der gebotenen Vorsicht an die Sache herangegehen. Treppen in den deutschen Familienheimen der 1950er Jahre sind auch nicht anders.

Am 24. Dezember folgt den Bergen der Strand in der Nähe des Fullon Hotel in Kenting. Ziemlich blöd und kulturell immer noch gewöhnungsbedürftig ist in Taiwan, dass ein Großteil des Zimmerangebots in den Hotels aus riesigen Räumen für Familien mit zwei Kindern oder für 4 junge Menschen, die sich zwei Doppelbetten teilen wollen, besteht. Einzelzimmer sind vor allem in den Urlaubsgebieten eigentlich nicht zu bekommen. Selbst bei den (ebenfalls seltenen) Suiten fehlt in der Regel eine vernünftige Teilung in zwei separate Schlafzimmer. Dies gilt zumindest auf dem Niveau unseres verfügbaren Budgets.

Mit Wohlgefallen hat übrigens der Schreiber dieser Zeilen zur Kenntnis genommen, dass die Werbevideos für Gästehäuser in Taiwan, so etwa der Clip des Lánhǎi qíngtiān (藍海晴天) nicht nur immer professioneller sondern auch reizvoller werden. Dabei fokussiert sich der Blick mehr auf Po und Busen als auf die Pension. Einzig die Frage stellt sich, ob es sich bei den Darstellerinnen um die Töchter des Hauses, Dorfschönheiten aus Houwan oder bezahlte Models aus Hengchun handelt.

Leider werden angesichts in der Wintersaison und der taiwanischen Strandkultur wohl kaum „Nei Nei“ (内内 – hier mal anders) zu sehen sein.

Kaohsiung ist zu Neujahr voll. Also bleiben wir bis dahin in Kenting. Erst danach wird es wieder Platz in Sizihwan oder Xī Zǐ Wān (西子灣) am Stadtstrand geben.

Freitag, 6. Dezember 2013

U2

Das Mondkaninchen

Wenn das kommunistische China seinen „Jiao Didi” (小弟弟) zeigt, eine lange Phallusrakete mit orgasmischen Schreien zum Mond schickt und dabei die Tagesschausprecherin zu der Nachricht, wie anfangs dieser Woche geschehen, von der „Ju Tu“ genannten Raumsonde spricht, kommen bei Luo You Erinnerungen an seine guten Jahre in den Diskotheken der 1980er auf.

Aber kann „the only band that matters“, wie zu der Zeit gesagt wurde, mit so unvergeßlichen Songs wie “In The Name Of Love“ wirklich Namensgeber in der sino-kommunistischen Raumfahrt sein? Eine Musikgruppe, die sich für soziale Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit und politische Projekte einsetzt?

Vereint schmücken die Flaggen Japans, der Volksrepublik China, der Republik China, also Taiwans, und der USA eine Orchideenausstellung im März 2013. Locker gehen die zeitgenössischen Taiwaner mit dem Fahnenschmuck um, dessen Kombination in anderen Ländern, so in der Volksrepublik, große politische und strafrechtliche Probleme aufwerfen kann. Dabei ist es bestimmt nicht nur schöner, sondern auch wesentlich vernünftiger sich gegenseitig Orchideen zu zeigen als geladene Kanonenrohre und Raketen, wie gegenwärtig um die Senkaku-Inseln.

Es ist also kaum vorstellbar, dass die „Máo Fěi“ (毛匪) derart internationalisiert sind, um der Musikgruppe U2 eine für ihre Regierung so bedeutende Errungenschaft zu widmen oder allein schon darauf Anspielungen machen.

Letztendlich führte die unsaubere Aussprache des von der Tagessprecherin stark simplifizierten Chinesischen zu „U2“. Nach einigen Rätseln vor dem Fernseher kam die beste Ehefrau von allen darauf, dass es sich um „Yuè Tù“ (月兔), das Mondkaninchen, handeln muss.

Dies ist zwar nicht „Yuè Tù“ (月兔), ist aber trotzdem süß. Der Hoppel in der Nähe des Imbißzone bei der Orchideenausstellung dient auf keinen Fall dazu, den Appetit anregen. Er soll sicher zusammen mit seinen Freunden in einem Streichelzoo nach den vielen statischen Pflanzen der Schau Kinder und Erwachsene erfreuen. Bei mir hat es funktioniert.

In der chinesischen Mythologie stampft das Kaninchen, was auf dem Mond lebt, dauernd die Kräuter für das Lebenselexier der Unsterblichen und steht in enger Beziehung zur Mondgöttin, dem „Bunny Girl“ nach Buzz Aldrin.

Selbst wenn der Name „Yuè Tù“ (月兔) mittels eine Online-Abstimmung - bestimmt ganz demokratisch - ausgewählt sein sollte, kann er aus meiner zugegeben beschränkten Sicht als Metapher gelten. Letztendlich überleben auch die Funktionäre im System der Volksrepublik vor allem durch die Erfolge ihrer unermüdlichen Kaninchen, ihrer Wissenschaftler und Experten, Arbeiter und Beamten. Und für herausragende Erfolge braucht es Mondflüge. So einfach ist das mit der Raumfahrt. Dann wird auch das friedliche Zusammenleben mit den Nachbarn weniger wichtig.

Freitag, 29. November 2013

Peppe und die Taiwaner

Oder „UNDER THE TUSCAN SUN“

Mit diesem Beitrag enden Luo Yous italienische Wochen. Die große Erkenntnis war, dass für Taiwan ein italienisches Restaurant als Geschäftsidee risikoärmer sein dürfte als ein deutscher Biergarten. Klimatisch und kulturell entspricht die Küche und der Charakter Italien deutlich mehr den taiwanischen Ansprüchen. Mit einem deutschen Biergarten, einer Bäckerei, einem Bistro hat eher der Tüchtige mit einem guten Konzept Erfolg. Mit Antipasti, Pizza, Pasta und Vino dürfte man, so wie das nun schon länger bestehende Escape 41 in Kaohsiung, auf der sicheren Seite liegen. Der „Luigi“ als Lǎobǎn (老闆) wird in Taiwan schneller überzeugen als der bayerische „Seppel“.

Was sicher auch zum geschäftsfördernden Image der italienischen Küche beiträgt, ist, dass in Italien keines der besuchten Restaurants während unseres Urlaubs wirklich bei Geschmack und Qualität des Essens versagte, genauso wie dies auch in Taiwan gilt - dort allerdings mit der Frage, ob es angesichts der modernen Angebote so in Zukunft bleiben wird. Wie oft hingegen erlebt der Reisende in Deutschland eine versalzene Gerichte, hartes Fleisch und andere Schrecklichkeiten.

Deutsche Gastronomiekonzepte als Nischenprodukt in Taiwan: Julius Mannich Haus in Tainan, Januar 2009. Mittlerweile vermeldete die Bloggosphere Zuwachs im Südwesten.

Wendels durchaus weltberühmte Bäckerei in Taipei war auch während der letzten Urlaubstage an der Amalfiküste ein Gesprächsthema. Deutsche Urlauber gibt es dort viele. In einigen Bücher ist sogar nachzulesen, dass Deutsche den Grundstein für den Tourismus gelegt haben, der heute die Region wirtschaftlich trägt. Dagegen ist es im noch eine Besonderheit dort auf einen Taiwaner zu treffen, vorausgesetzt sie outen sich zwischen all den Japanern, Koreanern, anderen Asiaten und ABC (American Born Chinese).

Dies kann sich aber schnell ändern, wenn uns elektronische Medien immer stärker vernetzen und die Informationswelt noch umfassender wird. Unser Gastgeber Peppe in Nocelle, einem Dorf oberhalb von Positano, war ganz überrascht, wie viele Klicks die Internetseite seiner Pension aus Taiwan erhält. Seine Nichte, die den Internetservice für verschiedene B & B an der Amalfiküste betreibt, hat ihm die Statistik gezeigt. Nicht nur der Tripadvisor sorgt dafür, sondern auch taiwanische Blogger und frühere Pensionsgäste, haben zu seiner Bekanntheit beigetragen.

Rechts in der Bildmitte thront Nocelle mit seiner kleinen Kirche über Positano. Die Zufahrtstraße mit Bushaltestelle und Parkplatz endet hinter dem Bergrücken vor dem autofreien Dörfchen, dass nur über Treppen, ausgebaute Fußwege und Maultierpfade erschlossen wird.

Dem Himmel wirklich sehr nahe fühlt sich der Gast in der Pension von Peppe und Gerardina Cuccaro. Der berühmte Pfad der Götter, „il sentiero degli dei“, führt direkt am Haus vorbei und ermöglicht Wanderungen in luftiger Höhe nach Positano, Praiano oder Agerola. Enthoben vom profanen Dasein des Touristen im Hauptort Positano bietet das kleine Nocelle neben atemberaubenden Ausblicken und Ruhe eine freundliche Trattoria, eine Pizzeria mit einem kleinen Laden, eine hübsche Kirche und weitere Pension. Es ist schwer, etwas Vergleichbares zu finden. Für den Weg empfiehlt sich leicht tragbares Gepäck, weil einige Meter zu Fuß zu gehen sind und der Ort nur über mindestens eine Treppe erreichbar ist.

Am Dorfrand von Nocelle hat der kleine Stadtbus, betrieben vom Busunternehmen Flavio Gioia s.a.s. , seine Endstation, die er nach einer halbe Stunde Fahrt von Positanos Zentrum an der Piazza Mulini erreicht. Nach den weiteren wichtigen Haltestellen Sponda und Chiesa Nuova in Positano fährt er die Bergstraße über Montepertuso hoch.

Die „aktuellen“ Fahrpläne aus den Jahren 2011 und 2012 finden sich auf der Webseite des Busunternehmens, wobei hinter dem Link „Orario Positano – Praiano“ der Fahrplan nach Nocelle im Rahmen unter „ Positano Inferno … äh .. Interno“ versteckt. Dabei fahren die Busse mit dem Zielschild „Positano Interno“ nicht nach Nocelle, sondern drehen nur ihre Runde in Positano. Die Busse nach Nocelle und Montepertuso haben auch diese Ziele in der Anzeige.

Laut Information am Haltestellenaushang war die Linie Positano – Praiono eingestellt, weil – soweit ich es verstand – der Kreis Salerno keine Zuschüsse mehr für den Busbetrieb zahlen wollte. Alles sehr unübersichtlich!

Und so gibt es zur Unterhaltung der Einheimischen jeden Tag völlig verunsicherte, konfuse Touristen, die um wichtigen Haltestellen des Stadtbusses Piazza Mulini, Sponda und Chiesa Nuova herumirren und jeden, manchmal auch mehrmals, ansprechen und fragen.

Zur Information: Umsteigen vom SITA-Bus Sorrent – Amalfi kann man an sowohl der Haltestelle Chiesa Nuova wie auch Sponda. Die Haltestelle Chiesa Nuova ist vor dem urigen Restaurant Grottino Azzurro. Die Fahrkarten gibt es in Tabacchi gegenüber der Bar Internationale.

In Sponda liegt die Haltestelle des Stadtbusse etwa 70 m von der Haltestelle des SITA-Busses entfernt an der Straße herunter zum Stadtzentrum, der Via Cristoforo Colombo. Mit Sicherheit handelt sich hierbei um die schönste Haltestelle in ganz Positano. Nochmal 30 Meter weiter zum Zentrum ist auf der rechten Seite eine Tankstelle, die Bustickets verkauft. Im Oktober 2013 kostete eine Fahrkarte 1,30 Euro.

Unter der Sonne der Toskana – Die Via Cristoforo Colombo, wo die schönste Haltestelle liegt, war einer der wichtigen Drehorte für den Film „Under The Tuscan Sun“, in dem sich die Charaktere wie in einer romantischen Novelle aus Raum und Zeit lösen. So fahren Frances und Marcello mal eben aus der Toskana an Rom und Neapel vorbei nach Positano, was über 400 km Strecke sind, um sich eine Lampe in einer Antiquitätenhandlung anzusehen. Die schönen Filmszenen in Positano von der DVD weckten hier an einem dunklen Novemberabend natürlich die besten Urlaubserinnerungen.

Zweifelsohne ist der Film auch in Asien populär, die der Eintrag im Blog von Han und Ching zeigt. Deren Reiseweg mit Rom, Neapel, Capri, der Amalfiküste, Florenz und der Toskana, Venedig und Mailand entspricht genau der Route der Gruppe Taiwaner, die sich über „Backpackers“ gefunden hatte und die wir trafen. „Mighty Internet!“ Und wo trifft man sich? Natürlich im Dorfbus auf dem gemeinsamen Weg zum „Casa Cuccaro“ in Nocelle, wobei sie – wie wahrscheinlich jeder „Newcomer“ – zuvor mehrmals fragten, ob das der richtige Bus ist.

“How To Meet Taiwanese“ - Die Fahrt im Dorfbus von Positano über Montepertuso nach Nocelle zeigt es. Nach einigen Urlaubstagen begannen wir die lokale Bevölkerung etwas zu bemitleiden. Das lag nicht an den Taiwanern im Besonderen, sondern an den vielen internationalen und nationalen Urlaubern, welche die örtlichen Verkehrsmitteln oft verstopfen und zu überfüllten Bussen und Straßen führen. Am Abend des 30. Oktober 2013, dem Tag der Aufnahme der wesentlichen Szenen, war die Situation noch okay.

So schließt sich der Kreis und Taiwan wird wieder zum Hauptthema, nicht nur beim gemeinsamen Dinner des Tages in der Trattoria Santa Croce sondern auch mit Blick auf den Flug im kommenden Dezember auf die Insel, die mein Herz berührt hat. Trotz mancher Widrigkeiten im Busverkehr kann das auch noch im November schöne Italien sicher sein, dass wir wiederkommen.

Und so heißt es: „拜拜 意大利, Bai Bai, Idali! Bis bald“

Montag, 25. November 2013

Wenn bei Capri ...

Bin ich auf Okinawa?

In der Vergangenheit konnte ich regelmäßig, wenn ich im internationalen Flughafen von Taipei auf den Anschlussflug nach Kaohsiung wartete, die für den Start nach Okinawa bereite Maschine sehen.

Irgendwann empfand ich das Ziel selber als sehr reizvoll. Im 19. Jahrhundert wurden die Inseln in den japanischen Staat eingliedert. Die meiste Zeit des Jahres liegt die Temperatur in Okinawa über 20 Grad Celsius, was die südlichste Inselgruppe Japans zusammen mit Stränden und Meer, Kultur und Geschichte zu einem interessanten Touristenziel macht. Lediglich die starke US-amerikanische Militärpräsenz könnte vielleicht die Urlaubsfreude beeinträchtigen.

Meinen Enthusiasmus gebremst hat dann am 20. August 2007 der verunfallte Flug 120 von China Airlines. Glücklicherweise konnten alle Passagiere und die Crew aus dem Flugzeug entkommen, bevor es explodierte. Auch wenn Flugzeugunglücke selten passieren, hat es mir gezeigt, wie nah sie zumindest räumlich und im Denken sein können.

Für meine Reise nach Capri waren diese Gedanken bedeutungslos. Der gewöhnliche Reisende erreicht das Eiland mit dem Schiff insbesondere von Ischia, Neapel, Sorrent und Positano aus. Trotz ruhiger See braucht es dennoch mehr als einen „Captain Seasick“, um das Boot sicher nach Capri zu bringen.

Und da waren Italiener im Thyrrhenischen Meer auch nicht gerade vertrauensbildend, was Ereignisse aus jüngerer Vergangenheit angeht.

Die blaue Grotte haben wir bei unserer Exkursion nicht erreicht. Der eingeschränkte Fahrplan der Schiffe im Oktober, welcher sich quasi täglich ändern kann, hatte die Aufenthaltsdauer auf Capri sehr eingeschränkt. Ersatzweise zeigt das Foto die „Grotta dello Smeraldo“, die am Besuchstag blau und nicht smaragdgrün, wie zu erwarten gewesen wäre, schimmerte. Sie befindet sich in Conca dei Marini zwischen Positano und Amalfi.

Wir hatten uns stattdessen auf Capri entschieden, zum Tiberius-Palast an der Ostseite der Insel zu laufen. Nach dem Reiseführer sollte die archäologische Stätte 1 Stunde vor Sonnenuntergang schließen. Die Verwaltung der monumentalen Ruinen hat dies ein wenig umgeschrieben. Jetzt schließen die Tore um 1 Uhr, sicher um den Angestellten einen längeren Feierabend zu ermöglichen. Mit Standseilbahn und einem strammen Fußmarsch erreichten wir den Ort um 12.58 Uhr. Freundlich ließ uns ein Wärter für knapp 2 Minuten herein, um ein paar schnelle Fotos zu schießen und ohne dass wir ein Eintrittsgeld zahlen mußten. Es ist festzustellen, dass sich Capri wirklich nur mit wenigstens einer Übernachtung lohnt. Eine gute Vorbereitung sollte ebenfalls nicht fehlen, um die Zahl der möglichen Überraschungen gering zu halten.

Akut wurde die Frage, ob ich auf Okinawa bin, auf dem Rückweg beim Erreichen des Fährhafens von Capri. Zeitweilig entstand die Atmosphäre eines asiatischen Touristenzentrums.

Die Aufteilung der Touristen nach Herkunft auf diesem kleinen Flecken Erde kann fast als Indikator für die wirtschaftliche Stärke der Kontinente und Regionen dieses Planeten gelten. Da liegen Nordamerika und Asien, voran mit Japan, ganz vorne. Es folgen Europa, partiell mit osteuropäischem Einschlag, und ein bischen Südamerika. Die Erwartung einer stärkeren indischen Präsenz liegt in der Luft, als wenn die Pizza mit Curry bestreut würde. Völlig draußen ist Afrika an diesem Ort. Nicht einmal dunkelhäutige Straßenhändler treten auf Capri in Erscheinung.

Die ganze deutsche Italiensehnsucht, von Generation zu Generation weiter getragen, lässt sich da am besten auf der Terrasse von Ginas und Pepes Pension in Nocelle befriedigen. Wenn die Sonne hinter Capri – den letzten sichtbaren Erhebungen im Hintergrund – im Meer versinkt, gibt es kein Halten mehr.

Da müssen natürlich die Caprifischer auf dem Notebook so oder so raus. Bestimmt schon seit den Zeiten der Völkerwanderung besteht dieser tiefgründige Drang nach Süden und damit eines der Prinzipien der deutschen Leidkultur (angesichts der winterlich-dunkelkalten Verhältnisse im eigenen Lande). Ob dies in den Integrationskursen hinreichend vermittelt wird? Ich habe Zweifel.

Sonntag, 24. November 2013

Auf Kanzlers Spuren

Preisbewusst und fein in Positano

Erst im Nachhinein, dass heisst nach dem Urlaub, wurde mir richtig bewusst, zu welchem elitären Erholungsort mich die beste Ehefrau von allen gelotst hatte. 1999 verbrachte der Bundeskanzler, der aus Hannover kam und in Chinesischen so wie „Sch-Nudél“ ausgesprochen wird, hier seinen Familienurlaub.

In Positano hatte ich zwar gelesen, dass er dort war, konnte mir aber vor Ort kaum vorstellen, welches Hotel er gewählt haben könnte. Ich war überrascht, dass der „Kanzlerbungalow“ das B & B La Fenice war. Die Pension ist schön gelegen und adrett, doch wirkt sie auch etwas exponiert unterhalb der Hauptstraße zwischen Positano und Amalfi.

Dass der Ferienaufenhalt Schröders in Positano bei einigen Genossen gar nicht gut ankam, wie unser – durchaus sehr zu empfehlender - Wanderführer „Golf von Neapel“ von Margrit und Jürgen Wiegand angab, ist eine Kritik, die absolut unhaltbar ist. Vielmehr war der Bundeskanzler sehr nah an den Menschen, dem alltäglichen Leben und fernab von einem überzogenen Luxus sowie elitärer Distanziertheit. Nur verbiesterte und ahnungslose SPD-Opas aus der Komunalpolitik des Ruhrgebiets konnten an ihren Stammtischen meines Erachtens so was behaupten.

Wie auf einer Postkarte ist der Blick über das „La Fenice“ entlang der Halbinsel von Sorrent in Richtung Capri.

Auch der kleine Privatstrand „La Fenice“ ist von Land und Meer gut einsehbar und erlaubt wenig Intimität. Vor allem muss man in Positano eines: Immer Treppen steigen! Schröder hat es sehr gut in Positano gefallen, so stand irgendwo zu lesen, aber auch er merkte die vielen Treppen an.

Das Restaurant „Fattoria La Tagliata“ in Montepertuso oberhalb von Positano gehörte zu den Lokalen, in denen die Kanzlerfamilie aß. Hier hat sich sogar eine Freundschaft mit Luigi Barba und seiner Familie entwickelt, die zum Gegenbesuch in Berlin führte. Wir hatten das „La Tagliata“ gar nicht auf unserer Besuchsliste gehabt, sondern nur das benachbarte „La Terre“ als gegenwärtige Nummer 1 beim „Tripadvisor“. Geschafft haben wir auch dies nicht, da unser Urlaubsprogramm am Ende sehr eng wurde und wir später bevorzugt bei bewährten Restaurants in der Nähe unserer Unterkunft einkehrten.

Ein weiteres Restaurant in Montepertuso, dessen Küche der Altkanzler auch gekostet hat, konnten wir aber aufsuchen. Das „Il Ritrovo“ liegt am Platz im Zentrum des kleinen Ortes überschattet vom durchlöcherten Berg, der dem Ort den Namen gegeben hat. Vor dem Restaurantbesuch sind wir übrigens einmal durch Loch, was bestimmt der christliche Glaube vom prähistorisch-vaginalen Fruchtbarkeitssymbol zur Marienerscheinung mit Schlange und besiegten Dämon sublimiert haben dürfte, geklettert.

Jenseits metaphysischer-spiritueller Vorstellungen bringt die gute italienische Küste den Denker schnell wieder in die irdische Genußwelt zurück. Das „Il Ritrovo“ servierte vorzüglich Bruschetta und Antipasti, Pasta und Muscheln, Gebäck und Café macchiato bei einem guten italienischen roten Tafelwein. Hier schmeckte sogar das zum Essen gereichte Brot sehr lecker.

Wenn wir jemals den Gedanken hatten, einen deutschen Biergarten in Taiwan zu eröffnen, endete er an diesem Tag. Nein, wenn, dann muss es ein italienisches Restaurant sein!

Donnerstag, 14. November 2013

Abschied aus Ravello

Geil auf Tripadvisor!

Wie sehr das Internet unser Leben verändert hat, weiß jeder. Dennoch war ich überrascht, welche Präsenz tripadvisor an der Amalfiküste hatte. Lag es vielleicht daran, dass wir nie zuvor in einer Urlaubsgegend waren, in der es einen so großen Anteil an US-amerikanischen Touristen gab, die es gewohnt sind, sich in der Internetnation über das Web auf ihre Reise vorzubereiten?

Blick von der Unterkunft auf die Villa Rufolo. Unser letzter Tag in Ravello beinhaltete die Besichtigung dieser Villa und der für uns noch ansprechenderen Villa Cimbrone. Ein langer Aufenthalt in den wunderschönen Gärten der Villa Cimbrone kann durchaus eingeplant werden. Und der Capuccino ist an der „Terrazza dell'infinito“ gar nicht so teuer, wie die Schönheit des Ortes erwarten ließe.

Die vielen Aufkleber von tripadvisor an Restaurants, Läden und anderen Einrichtungen waren für uns Anlass uns weniger an den Empfehlungen der Unterkunftsverwalterin zu orientieren, die möglicherweise verwandtschaftlich, durch freundschaftliche oder geschäftliche Beziehungen eingefärbt waren. Sondern auch wir griffen zunehmend auf das technische Medium zurück. Genauso werden die italienischen Gewerbetreibenden geil auf Tripadvisor: "Klickt uns an, empfehlt uns!" So heißt es oft bei der Verabschiedung, wenn die Kunden zeigen, dass sie mit der Leistung zufrieden waren.

Im Oktober 2013 hatte die Take-Away-Pizzeria Da Nino im unteren Preisniveau die besten Bewertungen. Bei den Besichtigungstouren durch Ravello bietet das von der jungen Chefin straff geführte, familiäre, kleine und beliebte Lokal den idealen Platz, für ein leckeres und gutes Mittagessen. Es hat nicht nur Essen zum Mitnehmen sondern auch einige Sitzplätze. Entgegen den üblichen Restaurants, wo der Gast dem italienischen Lebensstil folgend viel Zeit für Bestellen, Service und vor allem Bezahlen einplanen sollte, geht bei „Da Nino“ wie in deutschen Imbiß- und Döner-Buden alles einfach und unkompliziert. Trotzdem kommt vor dem Holzkohlenofen die typisch italienisches Küche voll zur Geltung.

Eine Straßenszene, die es so nur in Italien geben kann. Taiwan hat auch Motorräder und Scooter. Aber den Fiat 500? Mittelalterlich enge Straßen haben die Kleinwagenentwicklung in Italien gefördert. Sie bieten dem Smart und Cinquecento immer noch ein gutes Einsatzgebiet. Das junge Taiwan baut in der Regel überbreite Straßen, selbst dort wo sie nie benötigt werden. Da bleibt kein SUV stecken.

Mit Gepäck und reichlich freien Plätzen im Sightseeing-Cabrio-Bus bereit zur Abfahrt. Rechts hinter dem - für den Autoverkehr gesperrten - Tunnel liegt in Ravello das historische Zentrum. Richtig schöne Urlaubsbilder finden sich übrigens in einem anderen Blog bei Pixnet.

Glücklich zum nächsten Ziel. Während der überfüllte Linienbus, die Bergstraße hinauf ächzt, gleitet der Cabrio-Bus mit seinen drei Passagieren hinunter auf dem Weg zum Umsteigepunkt in Amalfi.

Freitag, 8. November 2013

Red Dog

You Got To Be Red

„Dein Blog ist einspurig. Immer nur das gleiche! Der letzte Post war absolut blöd. Wie kannst du nur Taiwan und Italien so miteinander vergleichen. Die Teufelsmaske in Ravello, die Windlöwen von Kinmen und Statuen in Tempeln und Kirchen haben überhaupt nichts miteinander so tun. Schau dir mal diesen Blog an, der ist viel kreativer und echt lustig!“ Nach dieser herben Kritik einer mir sehr nahe stehenden Frau hörte ich dann noch die viel stärker provozierende Frage, ob wir noch Carport und Gartenhaus in diesem Jahr bekommen.

Okay ich kümmer mich darum, aber über „Red Dog“ schreibe ich noch. Der findet nun wirklich keinen Vergleich in Taiwan, wenn man von einer gewissen Ähnlichkeit zum Taiwanhund und einigen Streunern auf Formosa einmal absieht. „Hör auf“, sagt mir die Stimme meiner Frau im Innersten.

„Red Dog“ist derzeit einer unserer Lieblingsfilme, der vielfach prämiert über das Leben in der australischen Siedlung Dampier und den roten Hund berichtet. Besonders mögen wir den ersten, komödiantischen Teil des Films. Die zweite Filmhälfte ist trauriger, auch wenn sie mit dem optimistischen Ausblick endet, dass das Leben immer weiter geht. Das Interview und die „Screen Tests“ mit Koko, einem der den „Red Dog“ darstellenden Hunde, sollte man nicht verpassen. Besonders amüsant ist das Ende, wenn Regisseur Kriv Stenders Koko erklärt: „The film is called Red Dog and you got to be red.“

Wanderungen an der Amalfiküste mit dem hilfreichen und anregenden Wanderführer „Golf von Neapel“. Tour Nr. 10 beschreibt in dem Büchlein den Weg von Amalfi nach Ravello. Wir sind in umgekehrter Richtung zur beschriebenen Route und mit einer weiteren Karte von Ravello lieber den Berg herunter gegangen und nähern uns dem Dorf Pontone.

Flughafenpreise für Capuccino und Panini beim zweiten Frühstück in der einzigen Bar am Dorfplatz, aber riesig war das Brötchen.

Hier tauchte auch Pontones „Red Dog“ auf und zeigte sich interessiert an den fremdländischen Besuchern. Ein australischer Kelpie ist er sicher nicht, aber vielleicht teilt er sein ruhiges, menschenbezogenes Wesen zur Freude der Dorfbewohner..

Voll im Einsatz sind Maultiere an der Amalfiküste in den verwinkelten Dörfer, wo viele Häuser nur über schmale Treppenwege erschlossen werden. Sie tragen Materialien zu Baustellen und transportieren den Bauschutt ab. Oft folgen den Gruppen von 3 bis 4 Tieren ein oder zwei kleine Hunde in Zwergpinschergröße, die offenbar ihre Aufgaben als Hütehunde sehr ernst nehmen.

Mittwoch, 6. November 2013

Die grüne Maske

Du sollst dir kein Gottesbild machen!

So steht es weit oben in den 10 Geboten. Der Ausschluss fremder Götter im alttestamentarischen Israel und die Konkretisierung im Bilderverbot waren nach Wikipedia im alten Orient einmalig. Gott will nicht im Kult repräsentiert, sondern im Sozialverhalten in allen Lebensbereichen verehrt werden. Während die reformierten Kirchen darauf gründend Bilder und größere Ausschmückungen in der Regel im Kirchengebäude ablehnen, sind bei den Katholiken nur Gottesbilder verboten.

Weil Italien ein extrem katholisches Land ist, barsten die Kirchengebäude, die wir besucht haben, von Heiligendarstellungen, aufwändigen Figuren und Gemälden, anderen barocken Darstellungen und Blumenschmuck. Die Ausstattung der italienischen Kirchen dürfte weit verschwenderischer oder mindestens auf ähnlichem Niveau sein, wie die der meisten Tempel in Taiwan, wo es kein Problem mit Gottesbildnissen gibt. Ein Bedürfnis sich Bilder von dem Verehrten, aber auch dem Verabscheuten, zu machen, besteht aus meiner Sicht in gleichen Umfang in Italien und Taiwan.

Kreativität bei der Darstellung überirdischer Wesen zeigt sich auch außerhalb des direkten sakralen Umfeld. Nahe der Piazza Centrale und dem Duomo in Ravello erschreckt eine grüne Teufelsmaske mit herausgestreckter Zunge den Besucher des Ortes.

„Was für ein tolles Souvenir“, sagt Luo You zur besten Ehefrau von allen. Mein Vorschlag, so was Abschreckendes gegen böse Geister und vielleicht auch Baumängel an das bröckelige Wärmedämmverbundsystem der heimischen Hausfassade mit wärmebrückenfreien Spezialdübeln anzuschrauben, trifft auf gar keine Gegenliebe.

„Das kann sogar beleuchtet werden. Schau mal auf die Kabel, die da heraushängen!“ Vielleicht gibt es auch die Möglichkeit einen Rauchentwickler dahinter vorzusehen. Dann qualmt es dämonisch aus Mund, Augen und Ohren. Trotz der ablehnenden Haltung meiner Frau, die die Kreatur im Übrigen zuerst entdeckt hatte, scannte ich in der Folge intensiver die Auslagen in den Souvernirgeschäften, vollgestopft mit bunter Keramik, Pizzatellern, Olivenölgefässen, Weinkrügen, Putten, Engelchen und anderem Tand. Es war schade, dass sich dort nichts vergleichbar Anstößiges finden ließ.

Die ablehnende Haltung meiner Frau konnte ich nicht so ganz nachvollziehen, denn auch in Taiwan sind schreckliche Kreaturen durchaus beliebt. So bewachen in Kinmen monsterartige Windlöwen die Dörfer. Ein kleines Exemplar davon befindet sich in meiner „Curio Box“. Mit Räucherstäbchen kann ich ihn sogar zum Qualmen bringen.

Nicht nur an Tempeln sondern auch vor Hoteleingängen stehen furchteinflößende Wärter. Wer nachts bei später Heimkehr Randale machen will, wird durch böse Blicke angegiftet und mit der Steinaxt bedroht.

Bei näherer Betrachtung wundert mich nicht, dass italienisches Design so erfolgreich ist. Die mediterrane Abstraktion und Stilistik lässt der Fantasie mehr Raum als die Opulenz in der fernöstlichen Darstellung. Im Fazit: Ja zur Teufelsmaske an der Fassade und besser keinen schrecklichen Wächter oder Monsterlöwen im Vorgarten.

Montag, 4. November 2013

Tage in Ravello

Riesen-Jiaozi und Scooter-Virtuosen

Der Zeitbedarf für die Anreise von 1.20 Uhr am frühen Morgen bis gegen 16 Uhr beim Bezug der kleinen Gartenwohnung bei der Villa Ruffolo in Ravello sowie die Vielzahl der neuen Eindrücke hat zum frühen Einschlafen am ersten Tag in Ravello beigetragen. Dabei nahm der Flug von Köln nach Neapel nur knapp 2 Stunden in Anspruch.

Die kleinen Gassen und Treppenwege um die Residenz, in der wir lebten, sind weder für Autos noch Motorroller geeignet. Die Nachtruhe war in keiner Weise gestört. Es schien uns fast so, als wären wir die einzigen Gäste in der Villa, deren Ursprünge bis ins 14. Jahrhundert zurückreichen sollen und die unter anderen bereits Peter Greenaway als Gast gesehen hatte.

Wie erfreulich war es, den Sonnenaufgang über Salerno auf unserer Terasse zu erleben. Den Erwartungen entsprechend bekamen wir den Sommer, der uns in Deutschland schon erloren gegangen war, in Italien zurück. Den Pool hielten wir übrigens in einem jungfräulich-unbenutzten Zustand, um die Reflektion des glatten Wasserspiegel nicht zu stören.

Ravello ist nicht nur als Ort herausragend, sondern auch ein guter Ausgangspunkt, um Amalfi und die weitere Umgebung zu erkunden. Dabei sollten nicht nur die Busgesellschaft SITA in die Überlegungen einbezogen werden. Als Transportmittel eignet sich auch – so mein persönlicher Tipp - der Sightseeing-Bus zwischen Ravello, Amalfi und Maiori. Im Gegensatz zu den regelmäßig überfüllten Standardbussen ist er meistens leer, benötigt die gleiche Reisezeit, fährt auch nicht wesentlich seltener, lässt die Landschaft durch das fehlende Dach wunderbar erleben und kostet lediglich 50 Cent je Fahrt mehr. Als Inhaber der 24-Stunden-Karte von Unico Costiera hatten wir sogar eine kostenfreie Fahrt inklusive im Sightseeing-Bus. Die freundliche und hübsche Begleiterin im Sightseeing-Bus hilft im guten Englisch gerne weiter, wenn es um Fragen zum Tarifdschungel und Sonstigen geht. Eine Antwort bekommt man immer.

An Komplizierheit und Unübersichtlichkeit ist das süditalienische Tarifssystem im Busverkehr durchaus dem deutschen zu vergleichen. Vielleicht verstehen es noch einige Busfahrer und Experten. Die Fahrkartenverkäufer in den Tabakwarengeschäften und kleinen Läden sowie Nutzer aber kapieren es schon lange nicht mehr. Und: Alles kann sich von einem Tag auf den nächsten verändern.

Der Standardbus verkehrt nicht besonders häufig und ist oft übervoll. Stinkt hier jemand? Ja, der Sitznachbar hält sich bereits die Nase zu, Luo You drückt sich die Kamera ins Gesicht und der Fahrer schaut ernst drein.

So reist der Tourist lieber von Amalfi nach Ravello. Den Duft der italienischen Frauen genießend wird die Fahrt im vollen Bus auf engen Bergstraßen vom Abenteuer zum Erlebnis. Auch dem Busfahrer macht es so mehr Spaß. Mit Handy am Ohr verabredet er sich zum abendlichen „Birra“ (Bier) mit seinen Freunden vor dem Stammlokal. Überhaupt wird gerne und lange am Arbeitsplatz, so auch an Kassenhäuschen und Schaltern, über Handy mit Freund, Freundin, Mama und Familie geplaudert. „In Taiwan wären die längest rausgeflogen“, so die beste Ehefrau von allen.

Und überhaupt empfiehlt sich mehr der Motorroller wie auch in Taiwan als ideales Verkehrsmittel - hier vor azurblauen Himmel mit den Farben der italienischen Flagge in Szene gesetzt - , wenn nicht eine Abhol- oder Mitnahmemöglichkeit in Wagen eines Freundes oder Familienangehörigen besteht.

Oft haben wir an Haltestellen mit vielen anderen Menschen zusammen gewartet. Bevor der Bus kam, standen wir dann aber wieder alleine da, weil alle anderen zuvor in irgendeinem Auto eingestiegen sind und mitgenommen wurden. So wenig attraktiv ist der öffentliche Nahverkehr an der amalfitanischen Küste.

Mit der Einführung der Vespa und Lambretta nach dem zweiten Weltkrieg haben die Italiener für die weltweite Popularität kostengünstiger und einfach zu bedienender Motorroller gesorgt. Sie schufen die Grundlage für eine neue Form der Massenmobilität. Wie in Taiwan stehen häufig die Roller über zig Meter am Straßenrand dicht gepackt nebeneinander. Die lange Tradition im Umgang mit den Maschinen, die Enge der Straßen und die Dichte des Verkehrs haben viele Menschen in Italien zu wahren Motorrollervirtuosen werden lassen. Mit so viel tänzerisch-verspieltem Geschick und Eleganz können Taiwans Scooter-Fahrer eindeutig nicht mithalten. Das war unsere klare Feststellung vor Ort.

Und nochmal einmal zeigte sich die Kultur auf der Apenninhalbinsel als übertaiwanisch. Da staunt die Begleiterin nicht schlecht. Zum Ende des Tages bringt nach der Bestellung einer italienischen Calzone die Bedienung einen gigantischen Mega-Jiǎozi (餃子) auf den Tisch. Das erreicht keine Teigtasche in Taiwan!